Vor 25 Jahren ist Werner Schuster hier zum letzten Mal selbst hinuntergesegelt. Zwölfter und 17. wurde der Österreicher damals im Januar 1992 beim Weltcup-Skifliegen auf der Heini-Klopfer-Schanze in Oberstdorf. Seitdem hat sich viel verändert.
Die Wettbewerbe der Skispringer sind spektakulärer geworden, die Flüge immer weiter. Der Weltrekord des Norwegers Anders Fannemel liegt mittlerweile sogar bei 251,5 Meter.
Wenn Schuster am Wochenende als Cheftrainer mit der deutschen Nationalmannschaft wieder einmal nach Oberstdorf kommt, steht dort zudem eine runderneuerte Flugschanze. 'Ich freue mich riesig auf dieses Premierenspringen', sagt der 47-Jährige.
Seit fast einem Jahr wurde an der Oberstdorfer Flugschanze gearbeitet. Um den Anforderungen der Weltmeisterschaft 2018 gewachsen zu sein – der Wettbewerb am Wochenende ist eine Art Generalprobe –, wurde die Anlage grundlegend modernisiert.
Nur das Grundgerüst blieb bestehen. Fertig sind alle Erdarbeiten am Hang und in den Zuschauerbereichen, der Schanzentisch, eine Unterkonstruktion für den Anlauf sowie der Kampfrichterturm. Der Umbau des Schanzenkopfes wird erst im Frühjahr in Angriff genommen.
Die Schanzenhöhe wurde von 185 auf 225 Meter vergrößert. Damit schließt die Schanze im Allgäu zu den drei größten Anlagen der Welt am Kulm (Österreich), in Vikersund (Norwegen) und Planica (Slowenien) auf.
An der Rekordjagd der Austragungsorte wollten sich die Oberstdorfer aber von Anfang an nicht beteiligen. 'Das ist auch gut so. Oberstdorf war immer eine Art Einsteigermodell für das Skifliegen', meint Schuster. Diese Disziplin sei für die Sportler ohnehin eine riesige Herausforderung. Sportlich, aber auch mental.
Schuster geht davon aus, dass auf der umgebauten Heini-Klopfer-Schanze bis zu 240 Meter weit geflogen werden kann. Bislang war dem Finnen Harri Olli der weiteste Flug auf dieser Anlage gelungen. Er landete beim Weltcup 2009 bei 225,5 Metern. Mit einer ähnlichen Weite der Seinen am Wochenende wäre auch Schuster zufrieden.
Wenn auch die Ergebnisse des Wettkampfs vergangene Woche auf der großen Schanze in Willingen auf mehr hoffen lassen. Es läuft gerade rund bei den DSV-Adlern. Andreas Wellinger (21/Ruhpolding) hatte dort den zweiten Weltcup-Sieg seiner Karriere gefeiert. Ihm traut Schuster auch in Oberstdorf einiges zu. 'Er hatte zwar beim Skifliegen in der Vergangenheit noch nicht viele Erfolgserlebnisse.
Er ist andererseits aber auch noch nie in einer so blendenden Form zu einem Flugwettbewerb angereist', sagt der Adler-Chef. Markus Eisenbichler (25/Siegsdorf) räumt er ebenfalls Chancen auf einen Podestplatz ein. Auch dank dessen aggressiven und stabilen Sprungstils, der optimal aufs Fliegen zugeschnitten sei.
Richard Freitag (25/Aue) hat sogar gewonnen, als 2013 zum letzten Mal vor dem Umbau ein Skiflug-Weltcup in Oberstdorf ausgetragen wurde. 'Wir haben derzeit eine starke Mannschaft. Das Team hat den verletzungsbedingten Ausfall von Severin Freund sehr gut verkraftet. Die Last, gute Ergebnisse abliefern zu müssen, verteilt sich nun auf mehreren Schultern', erklärt Schuster.
Am Wochenende werden neben den fachlichen auch wieder seine psychologischen Qualitäten gefragt sein. Schuster, der Sport und Psychologie studiert hat, weiß: 'Wie der jeweilige Springer auf die Extremsituation des Fliegens reagiert, ist eine Charakterfrage. Der Übermütige muss besänftigt werden, dem Respektvollen muss man Mut zusprechen.'