Beleidigungen, Aggressivität, Respektlosigkeit und körperliche Gewalt. Das alles bekommen Polizeibeamte tagtäglich in ihrem Beruf zu spüren. „Die Gewalt gegen Polizeibeamte hat besorgniserregende Ausmaße angenommen“, stellte Polizeipräsident Werner Strößner vom Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West am Mittwoch auf einer Pressekonferenz fest. Die Statistiken der Polizei besagen, dass verbale und körperliche Gewalt gegen Polizisten im Dienstbereich des Präsidiums Schwaben Süd/West zugenommen hat. Im vergangenen Jahr 2018 gab es mehr Vorfälle als zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2010. Im Vergleich der Jahre 2017 und 2018 stieg die Anzahl der durch Übergriffe verbal und körperlich Geschädigten von 1.389 auf 1.573, also um rund 13 Prozent. Die Anzahl der körperlich verletzten Polizeibeamten stieg um 13,9 Prozent von 165 auf 188. "Body-Cams" zum Schutz der Polizisten Am meisten sind die im Wach- und Streifendienst tätigen Beamten betroffen. Aus diesem Grund rüstet die Allgäuer Polizei ihre Streifenbeamten künftig mit sogenannten "Body-Cams" aus. Die tragbaren Videokameras sind leuchtend-gelb und werden sichtbar an der Kleidung der Polizeibeamten angebracht. Das Hinweisschild "Video/Audio" weißt darauf hin, dass Polizeibeamte Einsatz-Situationen jederzeit aufnehmen können. Positive Erfahrungen durch die tragbaren Videokameras Im Rahmen des Pilotprojekt “Body Cams für Polizisten”, haben Polizisten in Rosenheim, München und Augsburg in den letzten Jahren getestet, ob sie durch den Einsatz von Body Cams weniger angegriffen und beleidigt werden. Die abschreckende Wirkung der Kameras auf den Gegenüber hat sich bestätigt. In rund 70 Prozent aller Fälle erfolgte keine weitere Eskalation allein durch das Einschreiten der Polizei. In etwa 25 Prozent konnten die Beamten die jeweilige Situation beruhigen. „Die Body-Cam wird wesentlich zu einer eskalationsfreien Einsatzbewältigung und signifikant zum Schutz unserer Beamtinnen und Beamten beitragen“, folgert Marcus Hörmann, Polizeioberrat des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West, aus den positiven Erfahrungen des Pilotprojekts. Kommt es doch zu Übergriffen oder Beleidigungen, können Aufnahmen als objektives Beweismittel vor Gericht dienen. Das kann Strafverfahren massiv beschleunigen und die Justiz entlasten. Wann darf die Polizei filmen? Wann ein Polizeibeamter die Kamera einschaltet, entscheidet er selbst. Fühlt er sich bedroht oder erwartet er einen Angriff, soll er die Aufnahme starten. Weil der Grund für das Einschalten der Kamera häufig nicht mit aufgezeichnet wird, ist das sogenannte Pre-Recording bei Body-Cams erlaubt. Damit werden die 30 Sekunden vor der Aufnahme immer automatisch gesichert und können mit einbezogen werden, um den Konflikt nachzuvollziehen. Konfliktfälle im privaten Raum sind von dieser Regelung ausgeschlossen. In privaten Wohnungen ist das Pre-Recording verboten. Die Verwendung der Body-Cam ist für Polizisten keine Verpflichtung. Sie sei vielmehr eine freiwillige Maßnahme, die von Polizeibeamten verwendet werden kann aber nicht muss, erklärt Polizeioberrat Marcus Hörmann. Wird sie verwendet, muss der Gegenüber immer darauf hingewiesen werden. Wie steht es um den Datenschutz? Der Einsatz der Body-Cams bei der Polizei steht wegen des Datenschutzes stark in der Kritik. Marcus Hörmann begegnet diesen Vorwürfen mit der Begründung, "dass nur Beweisfilme gesichert werden und alle anderen Aufnahmen gelöscht werden." Zudem gebe es klare rechtliche Löschungspflichten. Manipulationsmöglichkeiten seien ebenfalls ausgeschlossen, da der Speicher nicht aus der Body-Cam herausgenommen werden kann. "Wir reagieren nur", antwortet Marcus Hörmann auf diese Anschuldigungen. Es sei die alltägliche Praxis eines Polizisten von Menschen bei seinen Einsätzen mit dem Handy gefilmt zu werden. Warum sollten sich Polizisten dann nicht auch durch Videoaufnahmen absichern dürfen? Tatsächliche Einführung der Body Cam im Allgäu In Kempten sind die Schulungen für den Einsatz von Body-Cams bereits abgeschlossen. In Memmingen und Ulm sind sie noch in vollem Gange. In den Ballungsgebieten Kempten, Ulm und Memmingen werden die tragbaren Kameras in den kommenden Wochen eingeführt. Eine flächendeckende Nutzung im Bereich der Polizeidienststelle Schwaben Süd/West soll jedoch erst ab November erfolgen.
Video-Beweismittel