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Im Dienst der Gerechtigkeit

Alexander Hold

Im Dienst der Gerechtigkeit

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    Alexander Hold im großen „Experten“-Interview: Der Jurist spricht über Paragraphen, analytisches Denken, über das tägliche Leben, Gemeinschaftssinn und seinen Job beim Fernsehen. Und er glaubt:  „Die Judikative ist eine wichtige Säule unseres Rechtsstaats – auf mindestens gleicher Ebene mit Exekutive und Legislative.“
    Alexander Hold im großen „Experten“-Interview: Der Jurist spricht über Paragraphen, analytisches Denken, über das tägliche Leben, Gemeinschaftssinn und seinen Job beim Fernsehen. Und er glaubt: „Die Judikative ist eine wichtige Säule unseres Rechtsstaats – auf mindestens gleicher Ebene mit Exekutive und Legislative.“ Foto: Ralf Lienert

    Alexander Hold im großen „Experten“-Interview: Der Jurist spricht über Paragraphen, analytisches Denken, über das tägliche Leben, Gemeinschaftssinn und seinen Job beim Fernsehen. Und er glaubt: „Die Judikative ist eine wichtige Säule unseres Rechtsstaats – auf mindestens gleicher Ebene mit Exekutive und Legislative.“ Stillstand, bekennt Alexander Hold, mag er nicht. Der sei für ihn gleichbedeutend mit Langeweile. Die kann der Jurist aus dem Allgäu ebenso wenig leiden. Na ja, und wenn man die Vita des gebürtigen Kempteners und Fernsehrichters betrachtet, dann kommt dort ein Begriff wie Langeweile wirklich nicht vor. In seinem Leben scheint immer irgendetwas zu passieren (siehe auch Infokasten). Zuletzt kandidierte er sogar für das Amt des deutschen Bundespräsidenten – und erhielt immerhin 25 Stimmen. Für das Interview mit unserem Magazin hat sich der 56-Jährige viel Zeit genommen und uns zum Kaffee in sein Haus geladen. Drehen wir die Zeit ganz weit zurück und testen Ihr Erinnerungsvermögen. Wann haben Sie das erste Mal damit geliebäugelt, Jura zu studieren? Alexander Hold: Na ja, wenn ich ehrlich bin, hatte ich zunächst andere Studienpläne. Ich wollte zu Abi-Zeiten Medizin studieren. Wobei es da auch noch das Problem mit dem nötigen Zeugnisschnitt gegeben hätte. Während meiner Bundeswehrzeit arbeitete ich ein halbes Jahr im Krankenhaus in Ulm. Das war eine spannende Erfahrung, aber zugleich der Impuls für meine Entscheidung, diesen Weg nicht weiter zu verfolgen. Dann also doch lieber Jura studieren. Alexander Hold: Meine Lieblingsfächer in der Schule waren Deutsch und Mathematik. Daher wollte ich gern etwas anpacken, wo Sprache und analytisches Denken gefordert waren- und das ist eben das klassische Handwerkszeug für die Juristerei. Nach den ersten vier Semestern Jura unternahm ich dann aber doch einen Ausflug – ins Fach Journalismus. Ich habe mich an der Deutschen Journalistenschule in München beworben. Denn dieser Beruf hätte mir auch gefallen. Was ist passiert? Weshalb sind wir heute nicht Kollegen? Alexander Hold: Ich bin bei den Prüfungen bis in die Endrunde von 1500 Bewerbern gekommen. Bei der abschließenden Interview-Prüfung allerdings muss ich mir selbst den Vorwurf machen, nicht gut genug vorbereitet gewesen zu sein. Ich hätte besser recherchieren müssen, wer in der Prüfungskommission sitzt. Dort war unter anderem der Chefredakteur einer Münchner Boulevardzeitung. Da habe ich wohl ein paar Sätze über Qualitätsjournalismus gesagt, die bei ihm gar nicht gut ankamen. Also wieder zurück zum Ursprungsfach. Alexander Hold: Ja genau – Jura und Politik. Und das habe ich dann auch sehr ernsthaft verfolgt. Und konnten bald sämtliche Paragraphen auswendig aufsagen… Alexander Hold: Nein, das ist eine falsche Vorstellung. Als Jurist muss man in meinen Augen nichts auswendig lernen. Man sollte vielmehr das System verstehen. Man lernt im Studium, Dinge zu hinterfragen und zu verstehen. Welche Fähigkeiten sollte ein guter Jurist in Ihren Augen in die Waagschale werfen? Alexander Hold: Er sollte mit Menschen umgehen und zuhören können – das halte ich für sehr wichtig. Er sollte ein Gefühl fürs tägliche Leben normaler Menschen haben und wissen, wie andere ihr Geld verdienen, das heißt: Es wäre gut, wenn er mit beiden Beinen im Leben steht. Lernt man so etwas im Jura-Studium? Alexander Hold: Diesen Blick, finde ich, bekommt man eher außerhalb des Studiums. Ich habe schon als Kind in der Drogerie meines Vaters und später während meines Studiums in vielen Bereichen gearbeitet und Erfahrungen gesammelt: Auf dem Bau, in der Schreinerei, als Bierfahrer und Tapetenvertreter. Ich habe Jugendgruppen geleitet, war als Handballschiedsrichter in ganz Süddeutschland unterwegs und habe in der Straßenbahn Fahrscheine kontrolliert. Wie gesagt: So bekommt der Jurist von morgen einen Einblick, wie Otto Normalbürger sein Geld verdient. Das Leben auf der Straße quasi als erweiterter Hörsaal? Alexander Hold: Ja, wenn man so will. Jedenfalls sollte der Jurist beurteilen können, was in den Menschen vorgeht, die Rat bei ihm suchen oder über die er urteilen muss. Er sollte verstehen, weshalb sie etwas tun oder getan haben. Ist eine solche Beurteilung denn wichtig bei der Urteilsfindung? Oder gibt es da nicht immer klare Richtlinien, wie man als Richter entscheiden muss? Alexander Hold: Da muss man unterscheiden. Im Zivilrecht ist der Spielraum nicht so groß. Im Gegensatz zum Strafrecht. Dort menschelt es bei vielen Verhandlungen. Dann ist es auch für einen Richter nicht unerheblich zu wissen, wie viel Geld beispielsweise 800 Euro für einen Angeklagten sind, der gerade mal den Mindestlohn verdient. Es sind Kenntnisse wichtig, wie ein nichtakademisches Leben aussieht und auf welchen Fundamenten es fußt. Hier darf sich der Richter also nicht nur auf seine Paragraphen zurückziehen? Alexander Hold: Ich denke, dass vor allem die Fähigkeit des Juristen gefragt ist, sich in andere Menschen hineindenken zu können. Wenn es derart menschelt bei einem Fall – besteht dann nicht die Gefahr, dass der Richter diese Geschichte gedanklich mit nach Hause nimmt? Wie sehr spielt dieser Beruf auch ins eigene Privatleben mit rein? Alexander Hold: Ein Richter muss in der Lage sein, Entscheidungen fundiert, aber zügig zu treffen. Dann aber muss er aber auch seinen Frieden mit der Entscheidung machen können, damit er am Abend zu Hause auch abschalten kann. Das ist nicht immer leicht, muss aber sein. Grundsätzliche Frage: Wie wichtig ist das Fach Jura in Ihren Augen für einen Staat? Alexander Hold: Eminent wichtig. Die Judikative ist eine wichtige Säule unseres Rechtsstaats – auf mindestens gleicher Ebene mit Exekutive und Legislative. Stichwort Rechtsanwalt. Immer wieder geraten Bürger in Situationen, in denen sie auf einen Rechtsanwalt nicht verzichten können. Und es stellt sich die Frage: Welchen nimmt man bei welcher Problematik? Wir wollen mit „Experten im Allgäu“ den Überblick in dieser Region erleichtern. Was raten Sie betroffenen Bürgern? Alexander Hold: Vieles in unserer heutigen Zeit ist komplexer geworden als vor Jahren. Deshalb ist es auch in diesem Bereich wichtig, dass sich der Bürger an einen Spezialisten wendet – ein gutes Kriterium dafür ist der „Fachanwalt“. Inzwischen haben viele Kollegen ihre ganz eigenen Schwerpunkte. Das ist gut so. Den richtigen Anwalt finden kann man durch Empfehlungen von Bekannten oder eben durch Nachschlagwerke wie diesem hier. Welchen Stellenwert, glauben Sie, hat der Jurist heutzutage innerhalb der Gesellschaft? Wie wird er von vielen Bürgern gesehen? Alexander Hold: Das ist je nach Aufgabe unterschiedlich. Den Strafrichter hätten wohl die meisten gern als Mischung aus Erzieher mit harter Hand, Sozialarbeiter und Straßenfeger, der mit seinen Urteilen auch gesellschaftliche Fehlentwicklungen wegfegt. Vom Zivilrichter wird erwartet, dass er Konflikte gerecht löst und vom Anwalt, dass er nicht unbedingt der Gerechtigkeit, sondern zu allererst seinem Mandanten zum Sieg verhilft. Im Jahre 2001 klingelte bei Ihnen das Telefon und Sie wurden von Mitarbeitern des Fernsehsenders SAT.1 mit der Frage konfrontiert, ob Sie Lust hätten, als Fernsehrichter vor die Kamera zu treten. Sie sagten nach einer längeren Überlegungsphase zu, und Millionen von Zuschauern kennen Sie seither als Fernsehrichter Hold. Üben Sie inzwischen den Beruf des Juristen oder den des Schauspielers aus? Alexander Hold: Interessante Frage, schließlich wird nirgendwo so viel Theater gespielt wie vor Gericht… Aber wird ein Bäcker, der seine Brezen vor Publikum bäckt, dadurch zum Schauspieler? Auch wenn mich täglich mehrere Millionen Zuschauer dabei beobachten, spiele ich nur mich selbst und arbeite mit Gesetzbüchern, Gesetzeskommentaren und Akten. Ich diskutiere mit Juristen und bilde mir mein juristisch fundiertes Urteil erst am Ende der Verhandlung. Das könnte ein Schauspieler ebenso wenig wie ich schauspielern. Ihr großes Interesse gilt zudem der Politik. Seit Jahren engagieren Sie sich in Ihrer Geburtsstadt, im Stadtrat Kempten. Ihre Partei, die Freien Wähler, haben Sie zuletzt für das Amt des Bundespräsidenten ins Rennen geschickt. Im Herbst dieses Jahres wollen Sie für den Bayerischen Landtag kandidieren. Politisches Engagement scheint Ihnen am Herzen zu liegen. Alexander Hold: So ist es. Ich liebe meine Heimatstadt und das Allgäu – und ich bringe mich gerne ein, diese Heimat auch mitzugestalten. Wobei es mich aufregt, wenn Entscheidungen alleine aus parteipolitischen Gesichtspunkten fallen. Da kann ich dann auch entsprechend unangenehm werden. Vermutlich kommt da mein Streben nach Gerechtigkeit durch und der Sinn fürs Gemeinwohl statt Ellbogenmentalität. Das jedenfalls ist auch in diesem Themenbereich meine Triebfeder.

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