Einschätzung der Verfassungsschützer: Letzte Generation ist keine Bedrohung für die demokratische Ordnung in Deutschland

29. Januar 2023 20:51 Uhr von dpa
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).
Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).
picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Klimaschutzbewegung Letzte Generation bedroht nach Einschätzung von Verfassungsschützern weiterhin nicht die demokratische Grundordnung Deutschlands. Zwar gebe es Versuche linksextremistischer Gruppen, Einfluss auf die Letzte Generation zu nehmen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "Aber auch Stand heute kann ich in Übereinstimmung mit allen Landesämtern für Verfassungsschutz – auch in Bayern, auch in Nordrhein-Westfalen – sagen, wir sehen noch nicht hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung."

Union sähe gerne andere Einschätzung

Bereits im November hatte Haldenwang gesagt, er sehe die Klimaaktivisten-Gruppe nicht als Fall für eine Beobachtung durch seine Behörde, denn sie richte sich nicht gegen die Grundordnung. Aus der Union war er dafür kritisiert worden. In der Zwischenzeit hatte es unter anderem Klebeaktionen auf Flughäfen durch die Gruppe gegeben und massive Proteste verschiedener Strömungen gegen den Kohletagebau bei dem Weiler Lützerath in Nordrhein-Westfalen. Haldenwang sagte: "Es ist in der Tat beunruhigend, dass bei diesem Thema Klimaschutz, aber auch bei anderen Themen in anderen Spektren, es inzwischen heute möglich ist, dass Extremisten mit eigentlich nur politisch interessierten Bürgern gemeinsam marschieren oder die politisch interessierten Bürger sich da nicht mehr abgrenzen." Der Verfassungsschutz müsse hinschauen: "Wo beginnt der Extremismus, und wo endet eben einfach die Inanspruchnahme der grundgesetzlich garantierten Rechte?"

Rechtsextremisten stürzen sich wieder auf das Thema Migration

Zugleich teilte Haldenwang mit, dass Menschen auf der anderen Seite des politischen Spektrums die Einwanderung nach Deutschland als Thema stärker wiederentdeckten. Nach den teils rechtsextremistischen Protesten gegen den Staat während der Corona-Pandemie sagte der Präsident des Bundesamts, es sei feststellbar, dass neue Themen gesucht würden. "Und wir sehen schon, dass man sich wieder auf das Thema Migration stürzt." Mit den derzeit hohen Flüchtlingszahlen werde dieses Thema wieder mehr Gewicht bekommen. "Das könnte ein Thema sein, das dann doch noch mehr Leute auf die Straßen bringt."