Beim Unfall eines mutmaßlichen Schleuserfahrzeugs auf der Autobahn 94 in Südostbayern sind sieben Menschen gestorben und mehrere schwer verletzt worden. Unter den Toten ist nach Polizeiangaben auch ein sechs Jahre altes Kind. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun wegen eines möglichen Tötungsdelikts.
Völlig überfülltes Schleuserauto
Der mit 23 Personen völlig überfüllte Transporter kam beim Versuch, einer Kontrolle der Bundespolizei davonzufahren, von der Straße ab und überschlug sich, wie die Polizei mitteilte. Bei den Insassen habe es sich um Syrer und Türken gehandelt, der Fahrer sei ein staatenloser Mann aus Österreich. Alle Insassen wurden verletzt, die Überlebenden kamen in umliegende Krankenhäuser. Weil der für neun Menschen ausgelegte Kleintransporter völlig überfüllt gewesen sei, hätten viele der Insassen gar nicht angeschnallt gewesen sein können, hieß es.
Fahrer flüchtete vor Kontrolle
Das Auto war der Bundespolizei auf der A94 aufgefallen, teilte die zum Unfallhergang ermittelnde Landespolizei mit. Der Fahrer habe daraufhin stark beschleunigt und sich einer Kontrolle entzogen. Das Fahrzeug sei in Höhe der Anschlussstelle Ampfing/Waldkraiburg von der Fahrbahn abgekommen und habe sich überschlagen. Der Fahrer ist ersten Erkenntnissen der Polizei zufolge wahrscheinlich nicht unter den Toten. Zahlreiche Rettungsdienste und die Feuerwehr waren am Morgen vor Ort. Auch Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Die Fahrbahn in Richtung München wurde komplett gesperrt.
Feaser: "Müssen das grausame Geschäft der Schleuserbanden zerschlagen"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigte sich erschüttert von dem Unfall. "Wir haben überall an den Schleuserrouten an unseren Grenzen die Kräfte der Bundespolizei deutlich verstärkt", sagte die SPD-Politikerin. "Wir müssen das grausame Geschäft der Schleuserbanden zerschlagen, die mit der Not von Menschen maximalen Profit machen und sie auf solch lebensbedrohliche Weise über Grenzen schmuggeln."
Zahl der unerlaubten Einreisen steigt seit Monaten
Der Unfallort ist rund 50 Kilometer von der Grenze zu Österreich entfernt. Seit Monaten steigt nach Informationen von Bundespolizei und bayerischer Grenzpolizei die Zahl der registrierten unerlaubten Einreisen. Die A94 gilt als typische Schleuserroute. Erst vor wenigen Tagen war ein mutmaßlicher Schleuser bei Burghausen mit vier Menschen im Auto vor der Bundespolizei geflohen und hatte dabei einen Unfall verursacht. Es gab zwei Schwerverletzte. Wo genau der am Freitag verunglückte Wagen mit österreichischem Kennzeichen die Grenze zu Deutschland passierte, war nach Polizeiangaben zunächst unklar.
Innenminister Herrmann: Vorfall zeigt, wie wichtig es ist, Schleuser bereits an der Grenze aufzuhalten
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte nach dem schweren Unfall seine Forderung nach stärkeren Grenzkontrollen. "Jedenfalls zeigt auch dieser Vorfall, wie wichtig es ist, die unmittelbaren Grenzkontrollen weiter zu verstärken, um Schleuser bereits an der Grenze aufzuhalten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. "Der schreckliche Verkehrsunfall mit sieben Toten, darunter ein Kleinkind, und insgesamt 16 zum Teil Schwerverletzten ist eine schlimme Tragödie", sagte Herrmann. "Mit meinen Gedanken bin ich bei den vielen Opfern des Verkehrsunfalls und bei den Hinterbliebenen. Das menschenverachtende Verhalten des durch den Unfall verletzten Schleusers, der sich der Anhaltung durch die Bundespolizei entziehen wollte, nur um seine eigene Haut zu retten, macht fassungslos." Die bayerische Polizei führe "die Ermittlungen zum Unfallhergang mit Hochdruck und unterstützt auch die Bundespolizei bei den Ermittlungen zur zugrundeliegenden Schleusung und zu den Hintermännern", betonte Herrmann.
Linke spricht nach Unfall von "Hetzjagden auf Geflüchtete"
Die bayerische Linke sprach nach dem schweren Unfall des mutmaßlichen Schleuserfahrzeugsvon "Hetzjagden auf Geflüchtete". "Ich bin erschrocken, dass die rechte Stimmung in der Gesellschaft nun auch auf Polizistinnen und Polizisten im Dienst übergreift", sagte Landessprecherin Adelheid Rupp am Freitag. "Verdächtige Fahrzeuge mit solchem Übereifer zu verfolgen, dass unschuldige Menschen sterben, ist unserer Polizei absolut unwürdig."