Ende Februar 2013 meldete sich ein Angehöriger der Straßenmeisterei bei der Kripo Kempten und teilte mit, dass im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall am 28.10.2007 im Bereich Wittislingen, durch die Straßenmeisterei Ölflecken abgebunden wurden, die durch mit Altöl gefüllte Glasflaschen verursacht worden waren.
Bei diesem Verkehrsunfall war ein damals 31-jähriger Mann aus der Region kurz nach 19 Uhr auf der Staatsstraße 2033 mit seinem Pkw am Ausgang einer Kurve auf einem dieser Ölflecken ins Schleudern geraten. Nachdem das Fahrzeug von der Fahrbahn abgekommen war, hatte sich der Pkw überschlagen und war auf dem Dach liegengeblieben.
Der Mann, der in dem Fahrzeug eingeklemmt war und von der Feuerwehr befreit werden musste, wurde bei dem Unfall schwer verletzt und musste zehn Tage stationär im Krankenhaus verbringen. An seinem Pkw entstand Totalschaden. Bei der Unfallaufnahme wurden am Ölfleck grüne Glassplitter sowie eine Verschlusskappe gefunden. Ebenso wurde festgestellt, dass auf den Strecken von Hausen nach Zöschlingsweiler vier Flaschen sowie auf der Strecke zwischen Wittislingen und Ziertheim drei Flaschen auf der Fahrbahn zertrümmert worden waren. Die damaligen polizeilichen Ermittlungen u.a. wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr verliefen analog den Fällen von Schwendi und Leibertingen ergebnislos. Seitens der Ermittlungsgruppe wird der Fall trotz der im Vergleich zu den bisher bekannten Fällen abweichenden Jahreszeit ebenfalls dem oder den bisher unbekannten Täter/n zugerechnet.
Auslöser der Ermittlungen
Am frühen Abend des 17.04.2011 hatte sich auf der Staatsstraße 2013 zwischen Markt Rettenbach und Ottobeuren ein schwerer Verkehrsunfall ereignet. Ein damals 37-jähriger Motorradfahrer war auf eine Ölspur geraten und tödlich verunglückt.
Die Ermittlungen ergaben, dass die Öllachen auf der Fahrbahn mittels grüner Weinflaschen bzw. klarer Sektflaschen vorsätzlich ausgebracht worden waren und es sich um gebrauchtes Motoröl handelte. Im Rahmen der Untersuchung der vor Ort sichergestellten Spurenträger konnte durch das Bayerische Landeskriminalamt an mehreren Flaschenbruchstücken eine identische DNA Spur gesichert werden.
Das aufgefundene DNA Muster weist so viele individualcharakteristische Merkmale auf, dass rechnerisch nur eine von 12 Milliarden männlichen Personen ein derartiges Muster aufweisen kann. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Memmingen durch das Amtsgericht Memmingen wurde die Durchführung einer DNA Reihenuntersuchung angeordnet.
Zwischenzeitlich wurden bereits rund 1.200 Personen bezüglich der freiwilligen Abgabe einer Speichelprobe durch die Beamten der Ermittlungsgruppe Ölfleck kontaktiert. Die bisherige Auswertung von 1000 der abgegebenen Proben durch das Bayerische Landeskriminalamt verlief negativ.
Altfälle führen zu neuer Betrachtungsweise
Die zunächst vorliegenden Erkenntnisse - z.B. Ölflecken auf absoluten Nebenstrecken - deuteten zunächst auf einen oder mehrere Tatverdächtige, der/die aus der Region um den tödlichen Unfall stammt/stammen, hin. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen wurden nach Hinweisen aus dem Polizei- und Feuerwehrbereich weitere Fälle von Fahrbahnverunreinigungen bekannt, bei denen ein Zusammenhang mit den Ölflecken bei Markt Rettenbach bestehen könnten.
Am 06.04.2007 mussten bei Bad Schussenried Lkr. Biberach an der Riß auf der Landstraße zwischen Ingoldingen und Reichenbach vier Ölflecken durch die Feuerwehr beseitig werden. Im Zeitraum 12.04.2008 bis 13.04.2008 wurden im Landkreis Sigmaringen von den Einsatzkräften auf einer Strecke, welche von Leibertingen über die K8217, K8278 sowie die L277 führte 19 Ölflecken entdeckt.
Am 21.03.2010 wurden bei Schwendi zwischen Regglisweiler und Orsenhausen an drei Stellen Ölflecken aufgefunden. Die bisherigen Tatörtlichkeiten erstrecken sich von Westen nach Osten auf einer Strecke von über 100 km (Luftlinie). Diese Fälle weisen folgende Gemeinsamkeiten auf:
- Die Flecken wurden an einem Wochenende oder Feiertag zu Beginn der Motorradsaison verursacht.
- Bei allen Fällen wurden Überreste von Flaschen, in der Regel grüne Weinflaschen, aufgefunden.
- In allen Fällen ist davon auszugehen, dass diese Flaschen mit Altöl gefüllt waren.
- Aufgrund des Spurenbilds ist von einem Abwurf aus einem fahrenden Fahrzeug auszugehen
- Bei allen Örtlichkeiten handelt es sich um kurvige und unübersichtliche Stellen die das potentielle Risiko für Motorradfahrer erhöhen.
Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse wird zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass es sich bei dem tödlichen Unfall nicht um ein ausschließlich regionales Ereignis handelt, sondern, dass man bei dem Verursacher der tödlichen Ölflecken von einem überregional tätigen Wiederholungstäter ausgehen muss.
Wer kennt Personen:
denen Motorradfahrer lästig sind? Hierbei könnten zum Beispiel der als störend empfundene Motorradlärm, eine erlebte Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder andere Gründe als Motiv für die Ablehnung denkbar sein. welche negative Erlebnisse mit Motorradfahrern hatten? Denkbare Motive wären insbesondere selbst erlebte Verkehrsunfälle oder Unfälle im Bekanntenkreis die sich unter Beteiligung von Motorradfahrern ereignet haben. die sich in der Vergangenheit vergeblich um die Aufnahme in einen Motorradclub bemüht haben bzw. zwangsweise einen Motorradclub verlassen mussten? die aufgrund einer der vorgenannten oder anderweitiger Motive eine Abneigung gegen Motorradfahrer haben und Aussagen getroffen haben, die in Richtung einer Selbstjustiz interpretiert werden können?
Weitere Fälle?
Da das Vorliegen von weiteren Vorfällen nicht ausgeschlossen werden kann, wurden Anfang Februar großräumig (Bayern, Baden-Württemberg, Vorarlberg, Tirol, Schweiz, Liechtenstein) diverse Sicherheitsbehörden und Organisationen um Überprüfung ihrer Einsatzunterlagen gebeten. Bisher wurden hierdurch keine weiteren Fälle bekannt.
Die Entwicklung der letzten Wochen hat auch aufgezeigt, dass aufgrund des langen zu berücksichtigenden Zeitraumes sowie der unterschiedlichen Ereignisse (Bandbreite von einer Ölspur ohne Folgen bis hin zu einem tödlichen Motorradunfall) ein Zusammenhang für Außenstehende nur schwer herzustellen ist.
Ebenso wurde offensichtlich, dass der Fall trotz der umfangreichen Berichterstattung in regionalen und überregionalen Medien in der Bevölkerung nicht so bekannt ist wie erhofft und erwartet. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der oder die Täter auch in weiteren Fällen Ölflecken verursacht hat/haben, setzt die Kripo Kempten die Suche nach weiteren Vorfällen und Zeugen fort, da über jeden neuen Fall potentiell neue Hinweise auf den oder die Täter erhalten werden können. Sind weitere Fälle bekannt, bei denen durch mit Öl gefüllte Glasflaschen entsprechende Ölflecke verursacht worden sind. Wer kann Hinweise zu den bisher bekannten Vorfällen geben?
Beginn der Motorradsaison
Seitens der Polizei kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass es erneut zu einer vorsätzlichen Verursachung von Ölflecken kommt. Aufgrund der Größe des relevanten Bereiches ist eine permanente und vollständige Kontrolle der Straßen durch die Polizei nicht möglich.
Gleichwohl werden die Beamtinnen und Beamten während ihrer Streifenfahrten ein besonderes Augenmerk auf entsprechende Fahrbahnverunreinigungen haben. Darüber hinaus werden alle Verkehrsteilnehmer gebeten, entsprechende Feststellungen umgehend der Polizei mitzuteilen. Insbesondere an die Motorradfahrer geht der Appell, ihre Fahrweise an die Gefahren entsprechender Fahrbahnverunreinigungen anzupassen und zu bedenken, dass eine derartige Ölspur nicht nur vorsätzlich, sondern durchaus - und das wesentlich häufiger - fahrlässig verursacht worden sein kann.
Auslobung
Das Bayerische Landeskriminalamt hat von der derzeitigen Auslobung von 53.000 Euro für Hinweise die zur Klärung der Tat führen, insgesamt 5.000 Euro ausgelobt. Die Auslobung der Polizei kann nur unter Ausschluss des Rechtsweges zuerkannt werden. Für die Vergabe der Belohnung in Höhe von 48.000 Euro sind ausschließlich die auslobenden Privatpersonen verantwortlich.