Lange galt die Schlosskirche in Torgau als Baden-Württembergs ältester Kirchenbau, doch offenbar stimmt das nicht. Ein evangelisches Gotteshaus in Tübingen soll noch älter sein. Laut aktueller Forschung soll sie sogar die älteste evangelische Kirche in Deutschland sein.
Die Schlosskirche Tübingen: Die älteste evangelische Kirche in Deutschland
Im Jahr 1535 wurde die Schlosskirche in Tübingen fertiggestellt, ganze 27 Jahre vor der Schlosskirche in Torgau. Damit ist die Schlosskirche in Tübingen die älteste evangelische Kirche in Baden-Württemberg und auch der älteste Kirchenbau in Deutschland. Diesen Titel hatte lange die Schlosskirche im sächsischen Torgau inne. Doch diese Kirche soll erst neun Jahre später erbaut worden sein, wie Forschungsergebnisse zeigen.
Die Schlosskirche Tübingen: Zahlen und Fakten auf einen Blick
- Adresse: Burgsteige 11, 72070 Tübingen
- Erste urkundliche Erwähnung: 1188
- Erbaut: 1535
- Sitzplätze für über 240 Personen
- Größe: 208 Quadratmeter, 25,70 Meter lang
- Kirchliche Zuordnung: Gemeinde Evangelische Fakultät Tübingen
Die Schlosskirche Tübingen: Architektonische Besonderheiten
Die Schlosskirche in Tübingen liegt im Südflügel des Schlosses Hohentübingen. Die Kirche ist mit 208 Quadratmetern flächenmäßig etwas größer als die Schlosskirche in Stuttgart und liegt hinter dicken Wehrmauern. Fünf Süd- und vier Nordfenster sowie ein Zwillingsfenster sorgen für Licht in dem schlichten Kirchenraum.

Der Altar und die Holzkanzel sind im Stil der Renaissance gebaut. Im 18. Jahrhundert wurden vier große Barockgemälde mit biblischen Szenen an die Wände gehängt, entgegen Herzog Ulrichs Bilderverbot. Unter den Gemälden sind auch Darstellungen der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christus von Johann Emanuel Schleich aus dem Jahr 1715.
Bei der Schlosskirche in Tübingen handelt es sich um einen „Predigtsaal“. Das bedeutet, dass in dem rechteckigen Kirchenbau der Altar und Chorraum nicht erhöht sind, da im protestantischen Gottesdienst das Wort Gottes wichtiger war als das „Allerheiligste“. In dieser Zeit entstanden auch sogenannte „Querkirchen“, in denen von der Mitte des Raumes aus gepredigt wurde.
Die Schlosskirche Tübingen: Die Geschichte im Überblick
Bereits 1188 wurde die Kirche als „Capella Twingen“ urkundlich erwähnt. Reste dieser Kirche sind noch heute im Nordflügel des Schlosses erhalten. Im Rahmen von Umbauarbeiten am Schloss im 16. Jahrhundert wurde die Kirche an ihrem neuen Standort neu aufgebaut. Am 5. Oktober 1544 wurde die Kirche vom Reformator Martin Luther eingeweiht.
1647 wurde die Kirche während des 30-jährigen Krieges bei einem Angriff von französischen Truppen schwer beschädigt und musste renoviert werden. Im Jahr 1816 überließ der württembergische König Wilhelm I. die Kirche der Universität Tübingen. Seit 200 Jahren wird sie für die praktische Ausbildung für Theologie-Studenten genutzt.
Der pensionierte Pfarrer Ulrich Zimmermann hatte nach langer Forschung aufgedeckt, wie alt die Schlosskirche in Tübingen wirklich ist. Er soll herausgefunden haben, dass der Herzog Ulrich nach seiner Verbannung im Jahr 1535 die Kirche fertigstellen ließ. Eine wissenschaftliche Analyse der Steine und Holzbauten bewies, dass die Kirche in den 1530er Jahren erbaut wurde. Damit ist die Schlosskirche in Tübingen der wohl älteste evangelische Kirchenbau Deutschlands. Über die Entdeckung wurde auch ein Buch veröffentlicht.
Die Schlosskirche Tübingen: Informationen für Besucher
Die Schlosskirche Tübingen wird immer noch für Seminare genutzt, daher ist der Zugang nur zu besonderen Anlässen gestattet. Allerdings werden in dem Kirchenbau Konzerte oder Gottesdienste veranstaltet. An besonderen Tagen, etwa Museumstagen oder Tag der offenen Tür, werden auch Führungen durch die Kirche angeboten. Auch Hochzeiten sind in der Schlosskirche möglich.
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