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Autokonjunktur: Autozulieferer unter Druck wie nie zuvor

Autokonjunktur

Autozulieferer unter Druck wie nie zuvor

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    Die Zulieferer der Autoindustrie stehen unter Druck. (Archivbild)
    Die Zulieferer der Autoindustrie stehen unter Druck. (Archivbild) Foto: Felix Kästle/dpa

    Auf der Autoindustrie lastet gewaltiger Druck. Probleme gibt es in der Schlüsselindustrie zuhauf, die Aufgaben sind riesig. Gerade bei den deutschen Zulieferern. Sie bekommen unter anderem die gedämpfte Autoproduktion voll zu spüren, viele Werke sind nicht ausgelastet. Zugleich haben viele Unternehmen eine Menge Geld in den Wandel zur E-Mobilität investiert - das rechnet sich in vielen Fällen aber noch nicht.

    Nach Angaben von Constantin Gall, Branchenexperte beim Beratungsunternehmen EY, leiden die Zulieferer besonders unter den niedrigeren Stückzahlen. «Das sind Fragmente dessen, was geplant war», sagt Gall. Das habe nicht nur mit der geringen Nachfrage nach E-Autos zu tun. «In Zeiten wie diesen steht bei vielen Menschen ein Fahrzeugkauf nicht ganz oben auf der Liste».

    Die Produktqualität sei ebenfalls nicht das Problem. Der Weg zum Endergebnis sei momentan aber nicht wettbewerbsfähig. «Die großen Konglomerate haben gerade ihre liebe Mühe und Not, weil die Komplexität, die sie in ihren gesamten Strukturen haben, sie auffrisst», sagt Gall. Außerdem zögen die Hersteller wieder mehr Wertschöpfung zu sich, um ihre Werke auszulasten.

    Gall zufolge müssen sich die Unternehmen verschlanken und auf die Bereiche konzentrieren, die in Zukunft noch Geld abwerfen. «Die europäischen Zulieferer tragen sehr viel Gepäck mit sich herum.» Aber nicht, weil sie zwingend etwas falsch gemacht hätten, sondern weil sich die Industrie über Jahrzehnte so entwickelt habe - und bis vor Kurzem auch sehr gut funktioniert habe. Nun säßen aber viele wie Kaninchen vor der Schlange, anstatt zu handeln. «Das ist wie, wenn man versucht, eine klaffende Wunde mit einem Heftpflaster zu versorgen - wissend, dass man eigentlich nähen müsste.»

    Im Fahrzeugbau und bei den großen Zulieferern im Südwesten waren nach Angaben des Wirtschaftsministeriums etwa 315.500 Männer und Frauen beschäftigt. Vor welchen Herausforderungen die größten Zulieferer stehen - ein Überblick:

    Bosch

    Dem weltgrößtem Autozulieferer Bosch macht die Krise erheblich zu schaffen. In vielen Bereichen ist das Unternehmen unter Druck geraten und nach eigenen Angaben nur noch teilweise wettbewerbsfähig. Besonders betroffen sind unter anderem Produkte wie Steuergeräte, Antriebe, Lenkungen, Teile für E-Autos und Fahrzeugsoftware sowie Ingenieurdienstleistungen für Autobauer.

    Die Gründe für die Krise sind in den einzelnen Bereichen zwar immer etwas anders gelagert. Die gedrosselte Fahrzeugproduktion, verschobene Projekte der Autobauer sowie die daraus entstandenen Überkapazitäten sind aber generell ein Problem. Hinzu kommt ein zunehmender Wettbewerbs- und Preisdruck - zum Beispiel durch chinesische Anbieter.

    Das Problem für Bosch: Auch in den anderen Unternehmensteilen - die unter anderem Heizungen, Haushaltsgeräte und Elektrowerkzeuge anbieten - läuft es nicht rund. Deshalb gibt es in dem Konzern mit Sitz in Gerlingen bei Stuttgart seit Ende 2023 eine ganze Reihe von Sparprogrammen. Tausende Jobs sollen in den kommenden Jahren weltweit wegfallen. Der angekündigte Stellenabbau summiert sich mittlerweile auf fast 15.000 Stellen, ein großer Teil davon im Zulieferbereich in Deutschland. Auch die Arbeitszeit Tausender Beschäftigten wurde reduziert. Bosch-Chef Stefan Hartung rechnete zuletzt angesichts der Wirtschaftslage und dem Wandel in der Autoindustrie mit weiteren Einschnitten.

    ZF Friedrichshafen

    Die Zahnradfabrik Friedrichshafen - kurz ZF - mit Sitz am Bodensee ist schon seit Jahren im Krisenmodus. Auch für dieses Jahr werden wieder rote Zahlen erwartet. Die rund 50.700 Beschäftigten in Produktion und Verwaltung machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze. Tausende Jobs stehen in den kommenden Jahren auf dem Spiel. ZF hat neben Automatik- und Schaltgetrieben unter anderem Fahrwerkskomponenten, Lenksysteme, Antriebe, Bremsen und Sicherheitstechnik im Angebot.

    Ein Knackpunkt in der Neuausrichtung des Konzerns ist derzeit die Sparte für Antriebe - intern «Division E» genannt. Sie ist in Teilen nicht wettbewerbsfähig. Dieser Bereich, der nicht nur elektrische, sondern auch hybride Antriebe und Verbrenner umfasst, leidet besonders unter dem verzögerten Anlauf der E-Mobilität sowie unter hohen Kosten und geringen Margen im traditionellen Getriebegeschäft. Weltweit ist in der Division etwa jeder fünfte ZF-Beschäftigte tätig. 2024 wurde hier knapp ein Viertel des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. ZF und Arbeitnehmervertreter wollen in den kommenden Wochen über die Neuausrichtung der kriselnden Kernsparte verhandeln.

    Mahle

    Einst verdiente der Zulieferer mit Sitz in Stuttgart, auch als «Kolben-Mahle» bekannt, prächtig am Geschäft mit dem Verbrenner. Doch seit Jahren wird das Unternehmen umgebaut. Dabei spielt das Thermomanagement in der Strategie des Stiftungsunternehmens eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um die Technologien zum Heizen und Kühlen in Fahrzeugen. Das ist vor allem bei Elektroautos ein wichtiges Thema.

    Weil das Geschäft bei Mahle nicht gut läuft, sind im vergangenen zwölf Monaten rund 600 Stellen in Deutschland abgebaut worden, wie Vorstandschef Arnd Franz Ende Juli mitteilte. In Deutschland zählt der Zulieferer rund 10.000 Beschäftigte. Das Stiftungsunternehmen hatte mit dem Betriebsrat im August 2023 eine Vereinbarung geschlossen, die bis Ende 2025 betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland ausschließt. Außerdem sollten Zukunftskonzepte für die einzelnen Standorte entwickelt werden.

    Bosch-Firmenzentrale bei Stuttgart – auch der Weltmarktführer spürt den Druck der Transformation. (Archivbild)
    Bosch-Firmenzentrale bei Stuttgart – auch der Weltmarktführer spürt den Druck der Transformation. (Archivbild) Foto: Bernd Weißbrod/dpa
    ZF steht aktuell vor großen Herausforderungen. (Archivbild)
    ZF steht aktuell vor großen Herausforderungen. (Archivbild) Foto: Carsten Koall/dpa
    Mahle kommt vom Verbrenner - und steckt ebenfalls mitten im Wandel. (Archivbild)
    Mahle kommt vom Verbrenner - und steckt ebenfalls mitten im Wandel. (Archivbild) Foto: Bernd Weißbrod/dpa
    Autoexperte Constantin Gall von EY analysiert die Herausforderungen der Zulieferindustrie. (Archivbild)
    Autoexperte Constantin Gall von EY analysiert die Herausforderungen der Zulieferindustrie. (Archivbild) Foto: Marijan Murat/dpa
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