Stefanie Krüll singt und tanzt bei Benefiz-Gala im Ludwig Musical zum 492. Mal Füssen (ves). Wenn Stefanie Krüll auf die Bühne des Ludwig Musicals tritt, hat sie schon einige Stunden Arbeit hinter sich: Maske, Aufwärmen, Tanz- und Gesangsprobe. Keiner der Musical-Darsteller ist öfter aufgetreten als sie. Als Krüll am Freitagabend mit ihrer 492. Vorstellung ein weiteres Stück Alltag erlebte, war es für die Zuschauer ein einzigartiger Abend. Mit einer großen Benefiz-Gala wurde 'Ludwig II. Sehnsucht nach dem Paradies' zugunsten der 'Kartei der Not', dem Leserhilfswerk unserer Zeitung unter der Schirmherrschaft Seiner Königliche Hoheit, Prinz Luitpold von Bayern, gezeigt.
Schon als das Musical das erste Mal gespielt wurde, war Krüll dabei. Seitdem steht sie sechs bis sieben Mal pro Woche auf der Bühne. Insgesamt verkörpert sie sieben verschiedene Figuren und wechselt nicht nur mehrmals pro Woche, sondern auch unter einer Aufführung. 'Anfangs dachte ich, das ist nicht zu schaffen mit Schminken und Umziehen. Aber mit Routine ist es kein Problem', erklärt die zierliche Frau lachend.
Nachdem Ellinor Holland, die Kuratoriumsvorsitzende der 'Kartei der Not' und Herausgeberin der Augsburger Allgemeinen, die Gala eröffnet hatte, beginnt Krüll ihre Arbeit als Nonne. In einer der ersten Szenen des Musicals läuft sie im Trauerzug zum Begräbnis Maximilians II. mit. Als sein Sohn Ludwig Richard Wagner kennen lernt, verkörpert Krüll die Freifrau von Roehrl. Über weißen Strumpfhose, knielangen Rüschenunterhöschen und Reifrock trägt sie jetzt ein schwarz-weißes Ballkleid. Zum Kostüm gehört auch eine Perücke. Darunter sind ihre Haare kunstvoll 'aufgeschnekelt', dann ein Häubchen aus Seidenstrumpf darüber so hält die Frisur. Vor einem Spiegel, der über und über mit Postkarten und Fotos beklebt ist, schminkt sie sich, jeder Pinselstrich sitzt. Routine.
Doch dann soll sich etwas ändern: 'Es ist Zeit für etwas Neues', sagt Krüll. Zum Jahreswechsel wird sie Füssen verlassen, um auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten. Eine neue Herausforderung sucht sie, so wie vor rund anderthalb Jahren in Füssen. 'Eine Welturaufführung, das hat mich sehr gereizt', schildert sie. Das war für die Berlinerin ein großer Schritt. Doch die Städterin genießt es: 'Ich habe meinen ersten Wohnsitz hier angemeldet und auch den Säuling bestiegen.' Mittlerweile gibt sie schon Tipps an die vielen Neuankömmlinge was Füssen angeht.
Auch Tanzschritte hat sie schon weitergegeben. Als 'Co-Dance Captain' hat sie neue Darsteller in die Choreografie eingewiesen. Sie kennt viele Rollen: Mit kurzem Dirndl lässt sie sich beim Stepp-Plattler grinsend in die Luft heben, so dass der rote Unterrock zu sehen ist. Kurz zuvor war sie eine Lechtochter mit glitzernden Flossen-Füßen.
Die Grundlage dafür hat sich Krüll über Jahre erarbeitet: Schon mit vier Jahren hat die Berlinerin mit Ballett begonnen. Nach ihrer Musicalausbildung in Hamburg spielte sie in Österreich und der Schweiz. Außerdem war sie schon in Filmen zu sehen.
Doch leichtfüßig tanzt sie nicht durchs Leben: 'Es ist nicht einfach, Engagements zu bekommen', schildert sie. Der Alltag habe wenig mit Glamour zu tun. Deshalb hat sie schon ein Büro-Praktikum absolviert. Doch zunächst möchte sie noch singen und tanzen. Die Traumrolle? 'Damit lasse ich mir Zeit.' Die nutzt sie, um Erfahrung zu sammeln.
Zum Beispiel als Freifrau von Roehrl. Als solche genießt sie den Applaus der Zuschauer. 'Das ist immer schön und jedes Mal anders. Weil das Publikum nie gleich ist', erklärt sie strahlend. So endet für sie ein Arbeitstag während die Besucher der Benefiz-Gala ihren Abend bei Feuerwerk und Buffet ausklingen lassen.