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Zwei Wochen Urlaub für ein Ehrenamt

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Zwei Wochen Urlaub für ein Ehrenamt

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    Kempten (sir). - Den blauen Helferanzug werden die Freiwilligen auch nach der WM mit Stolz tragen - da ist sich Markus Hailer aus Kempten sicher. Der 34-Jährige ist einer von mehreren Hundert Helfern aus Kempten und dem nördlichen Oberallgäu, die während der Nordischen Ski-WM jeden Tag nach Oberstdorf und zurück fahren, um als Einheimische ihren Teil zum Gelingen der sportlichen Großveranstaltung beizutragen. Zum Genießen des viel gepriesenen Nachtlebens in Oberstdorf bleibt wenig Zeit. 'Macht nichts', winkt der ehemalige Fußballer des FC Wiggensbach ab, 'man lernt im Zug jeden Tag so viele Leute kennen, das macht richtig Spaß.' Außerdem überfalle ihn regelmäßig abends, auf der für die Helfer übrigens kostenlosen Zugfahrt, eine bleierne Schwere. Kein Wunder, ein Tag im Freien macht müde. Hailer ist im Dopingressort tätig. 'Da muss man mit Fingerspitzengefühl agieren', erklärt er und spricht von einem 'verantwortungsvollen Job', den er 'gerne ausfüllt'. Ähnlich geht es dem 66-jährigen Herbert Schif, Handball-Übungsleiter im TV Kempten 1856. Er ist Einsatzleiter für den Presse-Shuttle ins Langlaufstadion im Ried. 'Die Leute schätzen einen', ist er zufrieden mit seinem Ehrenamt auf Zeit, das ihn täglich weit mehr als acht Stunden beschäftigt. Wenn sich Schif mal schlapp fühlt, 'dann mach ich ein paar Dehnübungen und trinke einen Schluck Wasser - dann passt das wieder'. Alkohol ist für ihn während der Dienstzeit absolut tabu. Nicht so bei Otto Bittlinger, dem ehemaligen Leiter des Straßenbauamtes Kempten, der jetzt im Ruhestand ist. Schließlich ist er in der so genannten OK-Lounge, wo Gäste des WM-Organisationskomitees verköstigt werden, für deren Wohlbefinden mit verantwortlich. Bittlinger genehmigt sich ein Achtel Rotwein und lässt wissen, dass er mit einer Norwegerin auf die Silbermedaille der deutschen Kombinierer angestoßen hat. Fachsimpeleien gehören zu seinem Tagesgeschäft, sagt Bittlinger. Dabei trifft er auf 'jede Menge alte Bekannte, mit denen ich beruflich zu tun hatte'.

    Als Fremdenführerin gefragt Gisela Bock ist im so genannten Nordic Club für Reservierungen zuständig. Im Nordic Club speist derjenige, der sich die Eintrittskarte inklusive Rundumverpflegung extra viel hat kosten lassen. 'Manchmal bin ich Auskunftsstelle und Fremdenführerin in einer Person', schmunzelt die Kommunalpolitikerin und Leiterin des Regionalbüros Bayern der Friedrich-Naumann-Stiftung. Wie die meisten Freiwilligen hat auch sie sich zwei Wochen Urlaub genommen, um als Ehrenamtliche dabei sein zu können. Das Nobel-Zelt ist ganz nah am Stadion, nur rund 100 Meter Luftlinie von der Zielgeraden entfernt. Dennoch muss sich Gisela Bock die Wettbewerbe via TV anschauen. Den Stadionsprecher aber hört sie live. Auf Alexander Lunz, Student der Betriebswirtschaft in Kempten, laufen die Presseleute täglich zu. Der 23-Jährige fährt einen Shuttle-Bus, kutschiert die Fotografen möglichst schnell vom Ried zurück ins Pressezentrum. Er findet es klasse, dass er dabei so viele nette Leute kennen lernt. Gut gelaunt sitzt Lunz hinter dem Steuer und zeigt den Journalisten während der Fahrt auch, wo das schwedische Königspaar residiert. Während der schwedische Adel von der Ferne bewundert wird, holen sich viele das WM-Maskottchen Skitty ganz nah an ihre Seite. Viele dutzend Mal am Tag ist Fabian Motz (19) aus Altusried beliebtes Fotomotiv, zumindest wenn er als Skitty auftritt. Und das tut er gerne, auch abends während der Siegerehrung. Ursprünglich wollte Motz mit seinem Freund ins Skisprungstadion im Tandem einspringen. 'Das hat nicht geklappt, dafür hat man mir das Angebot gemacht, als Skitty zur Freude der Besucher herumzulaufen.' Sein Freund Tobias Moser, ebenfalls 19 Jahre und aus Altusried, versorgt unter anderem die Fernsehmoderatoren mit Essen und Trinken. 'Wenn sie nicht gerade im Stress sind, sind alle richtig nett', hat Moser festgestellt. Er nutzt die Gelegenheit und schießt viele Fotos für private Zwecke. 'So eine Gelegenheit kommt nicht wieder', sind sich die beiden Wintersportfans einig. 'Das ist etwas Einmaliges - für uns und für die Region.' Tobias Moser Alexander Lunz Herbert Schif Gisela Bock Otto Bittlinger

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