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Zwei Pfarrer und ihre Sicht auf Karfreitag und Ostern

Tage mit Sinn (9)

Zwei Pfarrer und ihre Sicht auf Karfreitag und Ostern

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    Zwei Pfarrer und ihre Sicht auf Karfreitag und Ostern
    Zwei Pfarrer und ihre Sicht auf Karfreitag und Ostern Foto: stephan schã¶ttl

    Für die Christen ist es das wichtigste Fest überhaupt: Ostern. Die Auferstehung Christi wird gefeiert. Katholiken und Protestanten haben jedoch ihre jeweils ganz eigene Weise, sich dem höchsten kirchlichen Feiertag zu nähern. Der evangelische Dekan Jörg Dittmar aus Kempten und der katholische Regionaldekan Reinhold Lappat aus Buchloe erklären ihre Sicht auf Karfreitag und Ostern in unserer Reihe "Tage mit Sinn".

    Lappat: Neulich hatte ich ein Gespräch mit einem 17-jährigen Jugendlichen. Sein Vater ist gestorben und seine Mutter ist schwer krank. Er sagte mir, dass er nicht mehr an Gott glauben könne. Und ich sagte ihm: Mir ginge es wahrscheinlich in solchen Momenten genauso. Das ist Karfreitag pur. Der Karfreitag begegnet mir jeden Tag. Im Großen und im Kleinen. Aber ich möchte da nicht stehen bleiben. Mich drängts, rauszukommen, zu sagen, da ist noch Leben. Ich habe im Herzen diesen Lichtschimmer all derer, die nach dem Tod Jesu dem Auferstandenen auf unterschiedliche Weise begegnet sind. Darin liegt Hoffnung. Sie zeigt: Es gibt einen Weg. Das ist für mich Ostern. Und von dort aus betrachten wir den Karfreitag. Aber wie ist das bei euch? Ich höre immer, der Karfreitag ist der wichtigste Tag der Protestanten?

    Dittmar: In meinem Herzen ist das so. Wir richten den Blick zuerst auf den Gekreuzigten. Mitfühlen wollen wir und immer wieder erschrecken vor dem, was Menschen Menschen antun können. Manchmal müssen auch wir genau diesen Weg gehen: durch den Schmerz hindurch zu neuem Lebensmut. So verläuft ja eine seelsorgerliche Begleitung: Ich versuche das Dunkle und den Schmerz eines Menschen zu verstehen, um ihn dann behutsam in das Licht der Liebe Gottes zu begleiten. Deshalb finden wir Protestanten uns zunächst ein vor dem Karfreitagsbild. Wir sehen: So kann die Welt sein, so ist Fukushima, so gefährdet und verletzlich ist unser Leben. Der aber am Kreuz stirbt, sagt und bezeugt uns als Auferstandener: Gott lässt Dich nicht im Stich.

    Lappat: Natürlich gibt es kein Ostern ohne Karfreitag. Das sieht man schon daran, dass die Gottesdienste der Karwoche von Gründonnerstag bis zum Ostermorgen eigentlich ein Gottesdienst sind. Unsere Liturgie sieht keinen Segen vor. Man geht auseinander, hält nachts Wache. Das machen übrigens viele Jugendliche.

    Dittmar: Bei uns spüren immer mehr Menschen das Bedürfnis, diesen Weg als Ganzes mitzugehen. Und da haben wir von den Katholiken gelernt: Als ich noch ein Kind war, gab es nur an Karfreitag und an Ostern je einen Gottesdienst. Dazwischen wurde geschwiegen und man hat sich den Karsamstag über ruhig verhalten. Heute wäre eine evangelische Kirchengemeinde ohne Osternachtsfeier schon gar nicht mehr denkbar.

    Lappat: Welche Traditionen gibt es bei euch denn noch?

    Dittmar: Am Ostermorgen spielen Posaunenchöre auf den Friedhöfen - zum Beispiel "Christ ist erstanden". Ich liebe das. Es hat so was Trotziges. Es ist ein Protest gegen den Tod und die Todesangst. Und - mag man mich für verrückt erklären - die Botschaft ist tatsächlich: Gräber sind nicht das Letzte. (lacht) Wie das "Danach" ausschaut, darüber können wir dann ja noch reden.

    Lappat: Bei uns werden oft die gesegneten Osterkerzen auf die Gräber gestellt. Die Gräber gehören zu uns, ohne sie geht es nicht. Aber Gräber sind auch Orte der Hoffnung, dass das nicht das Ende ist. Gerade an Ostern. Denn Ostern heißt: Du darfst aufstehen, du wirst aufgerichtet, du darfst in der Sonne stehen - auch wenn du noch so viel Dunkel in deinem Leben hast. Dafür bürgt dieser Christus.

    Dittmar: Ja. Denn an Ostern erweist sich, ob das Leben Jesu gescheitert ist oder eine große Hoffnungsgeschichte für uns alle.

    Lappat: Genau. Ostern ist eine Geschichte Gottes mit Jesus als Menschensohn. Er geht den Weg durch Kreuz und Auferstehung und wir gehen diesen Weg genauso. Deshalb ist der Tod nicht das Ende dieses Weges.

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