Kempten (sh). - Als Hiltrud und Dieter Hartmann Mitte der 60er Jahre nach Kempten kamen, da waren sie froh, trotz der Wohnungsnot schnell ein Dach über dem Kopf zu haben. 'Unsere erste Wohnung war von der Sozialbau', so erinnern sie sich noch heute. Kein Wunder, dass es die Hartmanns da am Samstag in die Big Box Allgäu zog, denn schließlich feierte die Sozialbau dort gemeinsam mit den Kemptenern ihren 50. Geburtstag (wir berichteten). Wie viele andere, schwelgten auch die Hartmanns in Erinnerungen und unternahmen beim Anblick von Isetta, Imme, Käfer und Co. eine gedankliche Reise in die Vergangenheit. Fast zärtlich strich beispielsweise eine weißhaarige ältere Frau über die Musikbox neben dem Nachbau eines 50er-Jahre-Wohnzimmers und sah sich an, welche Gassenhauer seinerzeit so richtig 'in' waren. Nebenan postierte derweil ein stolzer Vater seinen Dreikäsehoch vor einem Oldtimer-Motorrad - kaum abgelichtet, zog es den Nachwuchs aber wieder zurück in Richtung Kinderspiele. Für die Kleinen gab es ohnehin einiges zu erleben - in einer überdimensionalen Sandkiste wurden sie zu Schatzsuchern, in der anderen Ecke verwandelten sich beim Schminken zwei Mädchen mit langen Zöpfen in abenteuerlich-bunte Märchen-Geschöpfe. Wieder ein Stück weiter konnten die Kleinen beim Torwandschießen ordentlich draufhauen. Ein Vergnügen, dem sich übrigens auch viele Väter hingaben - vermutlich wegen des Hauptpreises, den Karten für die Münchener Allianz-Arena. Hoch hinaus über die Köpfe der Besucher, die sich an den Tischen verschiedene Leckereien munden ließen, ging es dann beim Kletterturm. 'Wer wird denn gleich in die Luft gehen?', kommentierten das zwei Frauen, die zuvor im 50er-Jahre-Wohnzimmer ein Päckchen der Zigaretten gesehen hatten, zu denen eben dieser Werbe-Slogan einst gehörte. Was fehlt noch? Tanz und Musik selbstverständlich. Schmissig und im Outfit des Jahrzehnts, in dem die Sozialbau aus der Taufe gehoben wurde, präsentierten sich der Kemptener Rock'n'Roll-Club und zahlreiche '50er-Jahre-Statisten'. Und so manche Besucherin warf einen sehnsüchtigen Blick auf die wippenden Reifröcke, Schnallschühchen und Handschuhe bis knapp unter die Schultern. Andere wiederum waren beim Anblick des Nachbau-Wohnzimmers froh, die Zeit dunkelbrauner Polstermöbel und beige-melierter Tapeten hinter sich gelassen zu haben. Ballett, Jonglage, Musik von der Bigband der Sing- und Musikschule und von der Band 'Barfuss', Schautafeln zur Geschichte der Sozialbau und Vorträge rund ums Mietrecht und Feng Shui - die Liste der Aktionen war lang beim Familien- und Informationstag. Fast müßig zu erwähnen, dass viele Besucher einen besonderen Bezug zur Sozialbau hatten - ob nun als Mieter oder Eigentümer. Und so hatte das Unternehmen tags zuvor beim Empfang nicht nur sich selbst, sondern mit der Einladung an einige hundert Bewohner gerade auch diese Menschen gefeiert.
Der Festakt tags zuvor Sozialbau-Geschäftsführer Herbert Singer erinnerte in seiner Ansprache daran, dass das Unternehmen bis heute rund 7500 Miet- und Eigentumswohnungen und Häuser gebaut habe. Er berichtete auch von Projekten wie der Sanierung des Hanfwerke-Viertels in Immenstadt. Die Modernisierung bezeichnete Singer dabei als Kernaufgabe für die nächsten Jahre. Etwa 80 Millionen Euro sollen dafür in den kommenden 15 Jahren investiert werden. Dabei gelte es 'den Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen', schlug Singer den Bogen zurück zu den Bewohnern der Sozialbau-Häuser. Oberbürgermeister Dr. Ulrich Netzer würdigte das Geburtstagskind Sozialbau als dessen Aufsichtsrats-Vorsitzender. Das Unternehmen könne stolz auf das Erreichte sein, zudem sehe die Stadt die Sozialbau als 'unverzichtbare und maßgebliche Kraft für die Wohnraumversorgung' der Bürger und für Städtebau und Sanierung. Eine Bedeutung, die auch Xaver Kroner vom Verband bayerischer Wohnungsunternehmen unterstrich. Kommunale Wohnungsunternehmen wie die Sozialbau seien wahre 'Problemlöser'. Doch es gab noch mehr Lob - und zwar von Gastreferent Professor Peter Zellman vom Wiener Institut für Freizeit- und Tourismusforschung. Zellmann war in seinem Vortrag zum Schluss gekommen, dass der Erfolg von Wohnungsunternehmen zusehends davon abhänge, ob sie 'Leben verschönern und erleichtern'. Und darin sei die Sozialbau auf dem richtigen Weg.