Er ist ein künstlich kreierter Festtag - und dennoch kann sich ihm kaum jemand entziehen: Alle Jahre wieder wird vor dem Muttertag in den Kindergärten gebastelt, in den Schulen gereimt - und zuhause zerbricht man sich den Kopf: Wo findet das gemeinsame Essen mit Mama oder Oma statt? Schenkt man Blumen, einen neuen Toaster oder machen alle gemeinsam einen Ausflug? Hört man sich um, so hat sich vieles geändert - obwohl auch heute noch manches aktuell ist, das es vor 50 Jahren schon gab.
"Ich weiß noch gut, dass meine Tochter Theresia bei der Oma extra einen Kuchen für mich gebacken hat", erinnert sich die 14-fache Großmutter Magda Gast aus Eisenberg. Die 70-jährige Landwirtin hat vor über 60 Jahren ihrer Mutter "so a Spruchbildle im Rahmen, die man kaufen konnte", geschenkt. Und dazu pflückte sie einen Strauß aus Vergissmeinnicht und Lichtnelken von der eigenen Wiese.
Auf andere Ideen kommen da die Kinder von heute. Für Magda Gasts Tochter Theresia war es etwa eine Überraschung, als ihr Ältester sie einmal strahlend fragte: "Merkst du nichts in der Wohnung?". Er hatte der Mama zu ihrem Festtag die Fenster geputzt. Und ihr Jüngster, der kleine Fabian, bat innig: "Mama, du darfst auf keinen Fall in mein Zimmer gehen.
" Denn sein Muttertagsgeschenk, das er im Kindergarten gebastelt hatte, war unter dem Bett versteckt. Auch kleine Briefe wie "Danke, dass du uns überall hin fährst" hat Theresia schon bekommen. Heute wie einst entwickeln Kinder viel Phantasie, wenn es darum geht, Geschenkvarianten zu finden, die nichts kosten.
"Ich freue mich, dass meine vier so zusammenhelfen und für mich den Frühstückstisch decken", erzählt Schwiegertochter Andrea Gast. Im vergangenen Jahr waren es ein selbst gefertigter Rezeptkalender oder Herzen aus Ton, die die Kinder der Mama stolz präsentierten. Sie selbst hatte sich immer bemüht, ihrer Mutter nichts Gekauftes zu schenken. "Es sollte immer etwas selbst Gefertigtes sein", sagt sie - und natürlich der selbst gepflückte Blumenstrauß mit Vergissmeinnicht, Lichtnelken und Margeriten.
Duftkissen und Spanschachteln
Kleine Duftkissen, bemalte Spanschachteln und ein Uhu aus Speckstein gibt es für Schwiegertochter Martina, liebevoll dekoriert von ihren Söhnen Matthias, Karl und Vitus. "Das Geheimnis hüten, so dass ich vorher nichts erfahre, das ist für meine Buben der Zauber vom Muttertag", sagt die Ostallgäuerin, die als Kind Gutscheine fürs Spülen oder Blumengießen verschenkte.
Was Gänseblümchen sind, das weiß auch Angelika, die jüngste Enkelin von Magda Gast. Die zarten Wiesenblumen hat sie ihrer Mama Barbara schon gebracht, da konnte sie gerade mal laufen. Ihr großer Bruder Franz Josef holt sich väterliche Unterstützung oder fragt bei der Oma nach, denn die kennt sich aus. "Früher hast du doch kein Geld für so was gehabt", erinnert sich die 70-Jährige und ergänzt: "Die Zeit, die man sich schenkt, ist sowieso das Kostbarste."