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Zahnärzte sperren ihre Praxen zu

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Zahnärzte sperren ihre Praxen zu

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    Budget-Spartage: Nur Notversorgung für die Patienten Kempten/Oberallgäu (scs). Wer in diesem Monat noch einen Termin bei seinem Zahnarzt braucht, kann sich als gesetzlich Versicherter leicht die Zähne ausbeißen. Seit gestern ist das Budget der Barmer Ersatzkasse und der DAK ausgeschöpft. Für AOK-Patienten erhalten die Ärzte ab 27. September nicht mehr ihr volles Honorar. Deshalb schließen viele Praxen in Kempten und dem Oberallgäu, was bei Patienten für Empörung sorgt. 'Für dringende Fälle ist aber gesorgt und ein Sicherstellungsdienst eingerichtet', erklärt Rolf Steinemann, Obmann der Kemptener Zahnärzte. Wenig Verständnis für Kollegen, die zusperren, zeigt dagegen Dr. Reinhard Farr: 'Ich lasse meine Praxis auf, auch wenn ich weniger Geld bekomme.'

    Die gesetzlichen Krankenkassen stellen ein jährliches Budget für Zahnbehandlungen zur Verfügung. Ob das Geld reicht, berechnet für den Freistaat die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayern. Sie teilt den Verbrauch pro Quartal ein. Ist das Budget ­ wie jetzt ­ nach ihren Vorberechnungen erschöpft, empfiehlt sie Budget-Spartage. In der Zeit können sich die Zahnärzte nicht mehr darauf verlassen, alle Leistungen im vollen Umfang erstattet zu bekommen.

    'Viele Kollegen gehen in der Zeit deshalb auf Fortbildung', erklärt Steinemann, der seine Praxis in Betzigau ebenfalls für ein paar Tage schließt. 'Denn nur weil das Budget zu knapp ist, wollen die Kollegen nicht für weniger Geld arbeiten.' Auch so schon würden Zahnärzte eigentlich 'ins Blaue' behandeln, so Steinemann, da erst ein Jahr später aufkomme, ob das Budget reicht und ob der Zahnarzt das ihm zustehende Honorar in voller Höhe erhält: 'Das ist nicht akzeptabel.'

    Bei Schmerz- und Notfallbehandlungen können sich Patienten im Rahmen eines extra organisierten 'Sicherstellungsdienstes' einen Termin geben lassen. Mit dieser Notversorgung werde gewährleistet, dass die Patienten ­ wenn auch nicht von ihrem 'Haus-Zahnarzt' ­ behandelt werden. Seit gestern tritt der Sicherstellungsdienst für Ersatzkassenpatienten in Kraft. Ab 26. September gilt er auch für LKK-Patienten und für AOK-Versicherte ab dem 27. September.

    Dieses Vorgehen kritisiert der Kemptener Zahnarzt Dr. Farr: 'Den Sicherstellungsdienst bräuchte es gar nicht, wenn sich jeder Zahnarzt an seinen Vertrag mit den Krankenkassenverbänden halten würde.' Dort stehe, dass bei Ausschöpfung des Budgets der Zahnarzt auch für ein geringeres Honorar arbeiten müsse. 'Meine Arbeit und der Materialaufwand wird derzeit geringer vergütet, aber ich halte mich an den Vertrag und arbeite weiter.'

    'Unehrenhaft'

    Auf der Strecke bleiben die Patienten, die sich von Zahnärzten und Krankenkassen alleingelassen fühlen. Schließlich zahlen sie ja monatlich ihre Beträge. Dass Budget und Bedarf weit auseinanderklaffen, sieht auch Farr. Deshalb aber einfach die Praxis zu schließen, käme für ihn nicht in Frage: 'Für die Kaltschnäuzigkeit der Krankenkassen können meine Patienten nichts. Ich halte es für unehrenhaft, keine Termine mehr in diesem Quartal zu vergeben.'

    i Fünf bis sechs Zahnärzte übernehmen täglich den Sicherstellungsdienst in Kempten und dem nördlichen Oberallgäu. Welche Praxen zur Verfügung stehen, findet sich ab Montag, 25. September, auf unserer Seite 'Wo-Was-Wann-Wer'.

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