Der Höhenflug des Füssener Standesamtes, das bei den Hochzeiten seit Jahren immer neue Rekordzahlen vermelden konnte, hat ein vorläufiges Ende gefunden: Wie Leiter Andreas Rösel bereits im Vorfeld prognostiziert hatte, sank die Zahl der Eheschließungen im Jahr 2010 auf 165, dazu kamen zwei Lebenspartnerschaften. Der Grund liegt auf der Hand: Ohne den prächtigen Kaisersaal und das Colloquium, die wegen der Bayerischen Landesausstellung nicht für Hochzeiten zur Verfügung standen, sank das Interesse auswärtiger Paare an einer Vermählung in Füssen.
"Die Veitskapelle im Hohen Schloss konnte den Verlust dieser beiden Räume nicht auffangen", so Rösel. Zwar könne man mit ihr Trauungen in der wohl am höchsten gelegenen Schlosskapelle Deutschlands anbieten. Doch ist sie für viele Interessenten kein gleichwertiger Ersatz für den opulenten Kaisersaal, hat der Standesamtsleiter erfahren müssen. "Wir haben Leute gehabt, die extra ein Jahr mit ihrer Hochzeit gewartet haben, um nun im Kaisersaal heiraten zu können", sagt Rösel. Dennoch werde man auch in Zukunft Eheschließungen in der Veitskapelle anbieten.
Bei den Hochzeiten 2010 ging es trotz des Rückgangs weiter international zu: Von den Paaren stammten nur 29 Prozent aus Füssen oder Lechbruck, 71 Prozent kamen von auswärts. Darunter auch Hochzeiter aus Japan, Frankreich, Marokko, Korea oder Tunesien.
Zweigleisig am 11. 11. 11
In diesem Jahr will Rösel mit seinem Team das Minus bei den Hochzeiten wieder wettmachen. Die Chancen dafür stehen gut: Ist das Standesamt doch seit 1. Januar nicht nur für Lechbruck, sondern auch für Schwangau - und damit für 20730 Einwohner - zuständig (wir berichteten). Im Dorf der Königsschlösser steht der Sitzungssaal für Trauungen bereit - zum Beispiel am 11. 11.
11: Da bei dieser Schnapszahl viele Hochzeiten erwartet werden, "fahren wir zum ersten Mal zweigleisig", sagt Rösel: Die Standesbeamten trauen die Paare an diesem Tag nicht nur in Schwangau, sondern auch im Colloquium. Einige Termine für den 11. November sind noch frei.
Hoffen auf Modernisierung
Während das Minus bei den Trauungen in diesem Jahr wohl wieder wettgemacht werden kann, treibt ein anderer Abwärtstrend Rösel die Sorgenfalten in die Stirn: Lediglich 278 Geburten (263 im Krankenhaus, acht im Geburtshaus Lebensquell und sieben Hausgeburten) konnte das Standesamt beurkunden. Allerdings kann er nicht genau sagen, wie viele werdende Mütter aus Füssen und Umgebung zur Entbindung nach Kempten, Kaufbeuren oder Reutte fahren. Es seien aber einige, mutmaßt er.
Rösel hofft, dass im Zuge der geplanten Modernisierung und Sanierung des Krankenhauses bald wieder mehr Frauen ihre Kinder in Füssen auf die Welt bringen. Niedrigere Zahlen als im Jahr 2009 gab es auch bei den Sterbefällen: 262 wurden gemeldet.
Eine deutliche Zunahme ist dagegen bei den Kirchenaustritten zu verzeichnen. Ihre Zahl stieg von 60 (2009) im Jahr 2010, in dem die Kirche von Skandalen erschüttert wurde, auf 110 an. "Das hat nichts mit dem Glauben zu tun", hat der Standesamtsleiter in Gesprächen erfahren: Viele Bürger, die ausgetreten seien, hätten gesagt, sie hätten mit der Kirche als Institution nichts mehr am Hut.