Man nennt sie Mietnomaden oder Einmietbetrüger. Ihr Ziel: Wohnen, ohne Miete zu zahlen. Einmal eingezogen, beginnt für den Vermieter meist ein langwieriger Prozess, bis er den ungeliebten Gast los ist. Herbert Mesch, Geschäftsführer der Wohnungsbaugenossenschaft, ist in Marktoberdorf schon mal einem Mietnomaden aufgesessen. "Er hatte nur eine Monatsmiete gezahlt und erschien nach der Räumungsklage nicht vor Gericht", so Mesch: "Als der Gerichtsvollzieher die Räumung ankündigte, zog der Mann aus und wurde auch nicht mehr gefunden."
Einen solchen Fall mit krimineller Energie, in dem jemand bewusst keine Miete zahle, habe er in zehn Jahren bei der Wohnungsgenossenschaft aber nur einmal erlebt, betont Mesch. Er vermutet, dass das Problem in Großstädten ausgeprägter ist: "Je anonymer eine Gegend ist, umso eher kommt das vor." Öfter seien so genannte "Messis", die ihre Wohnungen verkommen lassen. Diese hätten in der Regel Probleme mit ihrem Leben und benötigten Hilfe: "Das ist eher eine Krankheit. Es ist ja nicht normal, in einer zugemüllten Wohnung zu leben."
Amtsgerichtsdirektor Friedrich Weber aus Kaufbeuren hat hingegen etliche Mietnomaden kennengelernt. "Wir haben im Ostallgäu plus Kaufbeuren pro Jahr rund drei Fälle", weiß der Richter. Zum eigenen Schutz sollten Vermieter eine Selbstauskunft verlangen, in der der potenzielle Mieter seine Solvenz bestätigt, rät Weber.
Sei diese gefälscht, könne man eine Betrugsanzeige stellen. Bis auf die Genugtuung helfe dies jedoch oftmals nicht, an sein Geld zu kommen. Besser sei, vorab den vorigen Vermieter anzurufen und sich dort zu erkundigen.
Dem Marktoberdorfer Rechtsanwalt Tobias Wutz ist ein leibhaftiger Mietnomade dagegen nie untergekommen. "Viel häufiger ist, dass die Miete nicht bezahlt werden kann", weiß der Anwalt. Was Vermieter Mesch bestätigt: "Arbeitslosigkeit oder Scheidung, aber auch ein kaputtes Auto lösen öfter Engpässe aus." Eine Zwangsräumung ist laut Mesch bei Mietrückstand aber das letzte Mittel. Dazu komme es nur, wenn alle Gespräche fruchtlos bleiben. "Bei 400 Wohnungen haben wir nur ein, zwei Räumungsklagen im Jahr. Das ist ein halbes Prozent.
" Komme es zur Klage, sei Schadensbegrenzung angesagt: "Verluste hat man in einem solchen Fall immer. Da muss man realistisch bleiben. Es geht aber darum, dass die Wohnung frei wird für einen neuen, zahlenden Mieter", so Mesch.
Anwalt Wutz bestätigt das: Ist beim Mieter "nichts zu holen", bleibt der Vermieter auf dem Mietausfall, den Anwalts-, Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten sitzen: "Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen." Zudem dauere das Verfahren lange (Infokasten). Das fange bei der Schwierigkeit an, Mieter rasch herauszubekommen: "Sie können eine mehrköpfige Familie nicht einfach auf die Straße setzen. Dafür muss das Gericht Fristen einräumen."
Ein Beispiel für die erheblichen Kosten, die der Vermieter laut Wutz bei einer Räumung "zumindest in Vorleistung" tragen muss, ist die Möbelentsorgung. "Auch die Möbel können Sie nicht einfach auf die Straße stellen. Die werden bei einer Spedition eingelagert. Das kostet schon mal 5000 Euro." Georg Rüppl, Gerichtsvollzieher am Amtsgericht Kaufbeuren, rät dabei aber unbedingt zum Einschalten des Gerichtsvollziehers. "Räumungen auf eigene Faust verstoßen gegen das Gesetz."