Von Jochen Sentner Kempten Minimaler Leerstand in Mietshäusern, anziehende Mietpreise in der Stadt, starke Nachfrage nach Kaufobjekten - offenbar ist der innerstädtische Wohnraum gefragt wie lange nicht. Experten beobachten seit einiger Zeit, dass der Trend zum Wohnen in der Stadt geht. In Kempten rechnen die Verantwortlichen damit, dass bis zum Jahr 2020 über 4000 Menschen zuziehen könnten.
Viele Argumente sprechen für die (Innen-)Stadt als Wohnumfeld. Kurze Wege, viele Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, großes Kulturangebot, weiterführende Schulen. 'Die Nachfrage nach Stadt-Wohnungen und Häusern ist sehr gut', bestätigt Sozialbau-Geschäftsführer Herbert Singer. Und die Anfragen kämen aus allen Altersgruppen.
Beispiel 'Stiftsgärten': Zwölf Stadthäuser wurden auf dem ehemaligen Gefängnisareal an der Weiherstraße geplant - binnen acht Wochen waren sie verkauft. Auch andere Anbieter setzen auf das Wohnen im Zentrum. Im 'Kösel-Wohnpark' an der Wartenseestraße hat die Firma Hebel 52 Eigentumswohnungen errichtet. Direkt an der Iller, in den denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen Spinnerei und Weberei, sind im Projekt 'Rosenau' insgesamt 122 Wohnungen geplant. Darüber hinaus sollen dort 34 Doppel- und Reihenhäuser neu gebaut werden. 'Am Hofgarten' ziehen Bau- und Siedlungsgenossenschaft Allgäu (BSG) und Sozialbau ein gemeinsames Projekt durch: Dort entstehen bis zum Herbst 58 Eigentumswohnungen, etliche sind bereits verkauft und bezogen. 'Wir haben es hier klasse erwischt', lobt eine junge Frau, die mit ihrem Partner eine Drei-Zimmer-Wohnung gemietet hat: 'Wir leben mitten in der Stadt und trotzdem im Grünen.'
Näher an der Zielgruppe
Die Bauträger gingen inzwischen mehr auf die Wünsche ihrer Zielgruppe ein, befindet Dr. Richard Schießl vom Amt für Stadtentwicklung: 'Mit attraktiven, vielfältigen Angeboten gelingt es auch, die Leute zu gewinnen.' Kaum Echo gab es dagegen auf die Idee, dass sich 'Am Hofgarten' private Bauherren zusammenschließen und ihre Bauprojekte gemeinsam umsetzen.
'Normales' Wohnen in der Stadt steht jedenfalls so hoch im Kurs, dass die Mietpreise steigen: 'Bei gehobener Qualität muss man heute mehr zahlen als vor drei, vier Jahren', hat Singer beobachtet. Für viele Familien im Zentrum lasse sich das freilich wettmachen, weil sie häufig auf ein zweites Auto verzichten könnten. 'Wer solche Faktoren einrechnet, stellt bald fest, dass auch das eigene Häuschen in der Stadt nicht unbedingt viel teurer ausfallen muss, als auf dem Land', sagt Schießl. Beim erwarteten Einwohnerschub gehen die Experten übrigens von einer allmählichen Entwicklung aus. Einen plötzlichen Bauboom werde die Entwicklung nicht auslösen. Flächen für weiteren Wohnungsbau seien indes vorhanden: In der Stadt gebe es noch etliche Baulücken. Die sollen vorrangig aufgefüllt werden, heißt es aus dem Baureferat. Auf Jakobwiese und Ludwigshöhe sind noch Areale unbebaut. Und im Entwurf des künftigen Flächennutzungsplans sind zusätzliche Wohnbauflächen unter anderem in Hirschdorf, Heiligkreuz und der Halde eingetragen.