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Wo Hornissen nisten, wohnt das Glück

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Wo Hornissen nisten, wohnt das Glück

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    Von Michael Dumler |AllgäuWas waren das für schöne, stressfreie Tage, als sich noch keine lästigen Wespen auf der Terrasse über den leckeren Erdbeerkuchen hermachten! Hellmut Ambos aus Siebers (Gemeinde Weiler-Simmerberg, Westallgäu) denkt gerne an diese Zeit zurück, als in seinem verschindelten Holzhaus aus dem Jahr 1910, einer ehemaligen Badepension, regelmäßig Hornissen nisteten. 'Wir hatten jedes Jahr ein Hornissenvolk im Haus, mal zwischen der Schalung unter den Schindeln, mal in einem Vogelkasten, mal im Speicher. Deswegen hatten wir niemals Probleme mit Wespen', erzählt der Architekt. Doch seit sich keine Hornisse mehr blicken lässt, schwirren um sein Haus wieder die ungeliebten Wespen.

    'Wenn jemand ein Hornissennest hat: Wir suchen eines!', sagt Hellmut Ambos. Doch so einfach ist die Sache nicht.

    Besonders geschützt

    'Nur in äußersten Notfällen darf man ein Hornissennest umsetzen', sagt Toni Stiefenhofer. Der Vorsitzende des Imkervereins Kempten und Tierwirtschaftsmeister verweist darauf, dass Hornissen in der Bundesartenschutzverordnung als besonders geschützte Tierarten aufgeführt sind und zudem auf der Roten Liste der schützenswerten Tiere des Bundes Naturschutz stehen. Stiefenhofer bestätigt die These Ambos’: 'Wespen, aber auch Bienen registrieren mit ihren Antennen Hornissen und halten Abstand.' Kein Wunder, gehören sie doch zum Speiseplan von Mitteleuropas größtem staatenbildenden Insekt.

    Erdbeerkuchen oder Zwetschgendatschi lassen Hornissen nämlich in der Regel links liegen. Eher stärken sie sich statt dessen an beschädigtem Fallobst oder am Rindensaft von Laubbäumen. Ihr Speisezettel besteht vor allem aber aus 'Fleisch', in erster Linie sind es Fliegen, aber auch Mücken, Maden, Raupen oder eben Wespen, Wild- und Honigbienen. 'Ein intaktes Hornissenvolk mit 500 bis 600 Tieren benötigt am Tag im Schnitt 500 Gramm tierische Nahrung', weiß Stiefenhofer.

    Im Frühjahr beginne jede der im Vorjahr begatteten Königinnen mit einem eigenen Nestbau an geeigneten Stellen. Wind und Regen geschützt müssen sie sein, so Stiefenhofer. Schuppen, Dachböden, Gartenlauben, hohle Bäume oder Nistkästen seien ideal. Im Spätsommer erreiche ein Hornissennest dann seine größte Stärke von etwa 600 Tieren. Und vor allem dann werden sie von den Menschen wahrgenommen: Denn wenn einige hundert Hornissen ständig ein- und ausfliegen, das gibt ein ganz schönes Gebrumme. Mit Hubschraubern vergleicht sie Toni Stiefenhofer: 'Richtige Brummer, aber schöne Tiere.'

    Die Größe von 2,5 (Arbeiterinnen und Männchen) bis 4,5 Zentimeter (Königinnen), das laute Gebrumme und die wespenähnliche gelb-rotbraune Körperfärbung sind für den 61-Jährigen schuld am schlechten Image. Wer sich von einem Hornissennest gestört fühle, dürfe es nicht selbst entfernen oder zerstören. Ansprechpartner dafür seien zunächst die Unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter, die jeden Fall genau prüfen. 'Eine Umsiedlung ist meistens nicht erforderlich, es genügt oft nur die Ein- und Ausflugschneise der Tiere zu verändern', sagt Paul Eberhard, Kreisfachberater für Gartenbau und Landschaftspflege beim Landratsamt Oberallgäu (Sonthofen). Nur Personen mit Zusatzausbildung dürfen eine Umsiedlung von Hornissenvölkern vornehmen. In den letzten Jahren sei dies im Oberallgäu nur einmal vorgekommen, so Eberhard. Er betont: 'Ein Bienenstich ist erheblich stärker als ein Hornissenstich.'

    Imker Toni Stiefenhofer nutzt seine Lizenz zur Umsiedlung ungern. 'Ich sage den Leuten immer: Wo die Hornissen nisten, wohnt das Glück. Die meisten sind dann gar nicht mehr so negativ eingestellt und lassen die Tiere in Ruhe.'

    Liebesleben wieder aktiviert

    So wie das ältere Ehepaar aus einem Weiler in seinem Heimatort Wiggensbach (Oberallgäu), das den Imker wegen eines Hornissennestes im Schlafzimmer zu Hilfe rief. Über ein gekipptes Fenster waren die Insekten ins Schlafgemach gekommen und hatten lange unbemerkt in einer Ecke ihr Nest gebaut. Stiefenhofer überzeugte die Eheleute davon, dass die nützlichen Insekten - sofern man nicht ihre Ein- und Ausflugschneise behindert - nichts Böses im Schilde führen. Und so arrangierte sich das Paar mit den nachtaktiven Brummern. Und dies sollte sich auch positiv auf das Liebesleben auswirken: 'Die Frau berichtete mir hinterher, dass durch die Hornissengeräusche ihr Mann wieder nachtaktiv wurde', erzählt Stiefenhofer schmunzelnd.

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