Memmingen (ver). - An der ehemaligen Villa Zett in Memmingen wurde jetzt eine Gedenktafel für die jüdische Familie Laupheimer enthüllt. Sie errichtete und bewohnte das Haus, bis sie der Judenverfolgung zum Opfer fiel und in einem Konzentrationslager den Tod fand. Das Gebäude in der Moltkestraße 1 trägt jetzt den Namen seiner Erbauer und heißt 'Villa Laupheimer'. Das Haus wurde 1927 von den jüdischen Kaufmannsbrüdern Salo und Julius Laupheimer und deren Ehefrauen Mathilde und Jeanette erbaut. Im Februar 1939 schickten beide Ehepaare ihre jeweils zwei Töchter in die Schweiz, um sie vor der Verfolgung zu retten. Im Zuge der Arisierung waren sie später gezwungen, ihr Haus zu verkaufen. Dr. Norbert Zett erwarb die Villa im April 1940 und richtete dort ein Sanatorium ein. Nach dem Krieg wurde das Haus an die vier Töchter zurückgegeben, die es 1954 wiederum an Zett veräußerten. Später erwarb die Stadt Memmingen das Gebäude und verkaufte es schließlich 1977 an den Freistaat Bayern. Heute wird die Villa vom Finanzamt genutzt. Die beiden Ehepaare Laupheimer wurden am 3. April 1942 in ein Arbeitslager im polnischen Piasci deportiert und später in einem Konzentrationslager ermordet. 'Die Gedenktafel erinnert uns daran, dass das Haus für diese Familie erbaut worden ist', sagte Finanzamtsleiter Alois Höger jetzt bei der Enthüllung. Der Nationalsozialismus habe 'unvorstellbares Leid und Unrecht im dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte' über die Menschen gebracht. Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger betonte: 'Wir stehen heute an einem geschichtsträchtigen Tag vor einem Haus, das wie kein anderer Ort in Memmingen Geschichte in Deutschland manifestiert.'
Undurchdringliches Schweigen Dr. Mirjam Nordmann, Enkelin einer der vier Laupheimer-Töchter, erinnerte sich: 'Wie oft habe ich dieses Haus angestarrt und versucht, den Steinen ihre Geschichte zu entlocken.' Jedes Mal sei sie vor undurchdringlichem Schweigen gestanden. 'Hinter diesen Mauern mussten zwei Frauen und ihre Töchter zusehen, wie in wenigen Minuten ihr Heim zerstört wurde', so Nordmann über die Reichspogromnacht. Jüdische Männer, darunter Salo und Julius Laupheimer, wurden am 10. November 1938 verhaftet: 'Sie hatten das Unrecht begangen, Juden zu sein.' Nordmann hatte bei Finanzamts-Leiter Höger angeregt, die Gedenktafel anzubringen: 'Mir war wichtig, dass mehr Menschen wissen, welche Familien hier gelebt haben und wer sie waren.'