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Wo Blumen als letzter Gruß ungeliebt sind

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Wo Blumen als letzter Gruß ungeliebt sind

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    Marktoberdorf (rel). - Oft ist's ein ganzer Hügel von Kränzen und Gestecken, der als sichtbares Zeichen des Abschieds zurückbleibt, wenn ein Toter ins Grab gesenkt wird. Allermeist werden die Gräber dann über viele Jahre hinweg liebevoll gepflegt. Gerade jetzt im November, wenn Allerheiligen, Allerseelen und die anderen Totentage anstehen, herrscht auf den Gottesäckern reger Betrieb: Angehörige geben schwarze Erde auf die Gräber, stellen herbstlichen Zierrat auf, setzen frostsichere Pflanzen, zünden Lichter an. Das ist auf allen Friedhöfen im Ostallgäu so und auch anderswo. Doch es gibt - rein theoretisch - Ausnahmen. Keine Blumen und Kränze sollen die Urnenwand auf dem Marktoberdorfer Friedhof St. Martin schmücken. So wollen es Stadträte und Verwaltung. Die Realität sieht freilich anders aus. Hier Kränzchen, dort Plastikblumen, dazwischen Kerzen auf selbst gebastelten Haltern. Dagegen will die Stadt nun vorgehen - mit dem Segen des Bauausschusses. Der Trauerschmuck an der Urnenwand ist seit der Einweihung dieser Ruhestätte im Jahr 1996 für Stadträte und Verwaltung immer wieder Thema. Einerseits haben alle größtes Verständnis, dass Hinterbliebene mit Blumen ihrer Trauer Ausdruck verleihen wollen. Andererseits war gerade einer der Gründe für den Bau der Urnenwand, dass dort Menschen ihre letzte Ruhe finden sollen, weil sie einst selbst dies so bestimmten oder weil ihre Angehörigen gleich aus welchen Gründen ein Grab nicht pflegen können oder wollen. Laut Verwaltung wird immer darauf hingewiesen, dass Schmuck dort nicht zulässig ist. Eine Alternative ist - zum gleichen Preis - ein kleines Urnengrab, das bepflanzt werden kann. Eben daran wurde diese Woche von der Verwaltung erinnert, als der Bauausschuss die Urnenwand inspizierte. Unzufrieden runzelten die einen die Stirn angesichts der Kränzchen und Kerzchen, andere schüttelten den Kopf ob der Plastikblumen. Bürgermeister Werner Himmer befand: 'Das wirkt nicht gerade erbaulich.' Mancher schien freilich eher hilflos als wollte er sagen: Klar ist's nicht erlaubt, aber was will man dagegen machen? Die Stadtverwaltung versucht immer wieder gegen den unerwünschten Blumenschmuck vorzugehen. Man habe die Eigentümer aufgefordert, Kränze und Blumen abzuräumen, berichtete Stadtarchitekt Peter Lederle. 'Erboste Reaktionen' waren die Folge. Soll dann etwa gar ein Bußgeld verhängt werden? Das ginge zu weit, waren sich alle einig. Dann halt doch den Zierrat dulden? Das wiederum soll auch nicht in Frage kommen. Wenn man keine Grenzen aufzeige, 'kriegen wir das nie in Griff', meinte Stadtbaumeister Herbert Sauer. Im Übrigen, so war bei der Besichtigung zu hören, gibt es auch Klagen von Nischen-Mietern, 'weil die Dinger dran hängen'. Um Kränze und anderes zu befestigen, gehen manche schon in Heimwerker-Manier vor. So werden Schrauben herausgedreht, mit denen die Urnenfächer-Abdeckungen befestigt sind. Andere montieren Schienen, auf denen dann Kerzenständer Platz finden. Auch würden Materialien verwendet, die die Schrauben rosten ließen, klagte Lederle und deutete auf hässliche Rostspuren an den Platten.

    Eine Kerze ist künftig erlaubt Zur Lösung des Problems kamen mehrere Vorschläge: Uta Brunnhuber (CSU) empfahl, doch einen zentralen Trog für Pflanzen aufzustellen. Waltraud Joa (SPD) wünschte sich, dass 'Kleinigkeiten' wie 'eine Kerze und eine Blume' erlaubt sind. Clara Knestel (Grüne) zeigte 'Verständnis für Sträußchen', die allerdings echt sein müssten und nicht aus Kunststoff. Andreas Wachter (CSU) gab den Tipp, den Trauerschmuck liebenden Hinterbliebenen doch zu raten, die Urne ihres Verstorbenen aus der Wand nehmen zu lassen und sie in ein Urnengrab zu geben. Diesen Rat wolle man befolgen, kündigte Bürgermeister Himmer bei der Abstimmung an. Das Ergebnis: Es bleibt wie es ist. Allerdings darf künftig ein Grablicht aufgestellt oder aufgehängt werden. Form und Art der Halterung bestimmt die Friedhofsverwaltung. Wer mehr Schmuck anbringt, erhält eine Mahnung der Stadt, die, wenn gar nichts fruchtet, auch mal abräumt.

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