Die Mit-Verlegerin und Mit-Herausgeberin der Allgäuer Zeitung ist tot. Ellinor Holland starb im Alter von 82 Jahren.
Eine stille Verlegerin war Ellinor Holland nie. Sie meldete sich zu Wort, und das laut und deutlich. Das heißt nicht, dass sie ständig etwas zu meckern gehabt hätte. Vielmehr beschäftigte sie sich so intensiv mit der Zeitung, dass sich ihre Einwände fast zwangsläufig ergaben: Warum haben wir das so geschrieben? Warum stand das nur so klein in der Zeitung? Sind unsere Kommentare zum Thema nicht zu zahm?
Die Redaktion wurde von Ellinor Holland angespornt, ja regelrecht herausgefordert. Die Verlegerin mischte mit, und das war gut so. Doch sie verbiss sich nicht in ihre Ansichten. Sie hörte zu und ließ sich auch mal davon überzeugen, dass sie auf dem falschen Dampfer war. Aber häufiger noch hatte sie einfach recht. Dann zog sie ihrer Mannschaft mit mütterlicher Strenge die Ohren lang und konnte am Ende doch wieder herzlich lachen. Sie regierte nicht mit Kalkül, sondern aus Liebe, manchmal sehr temperamentvoll, Herz über Kopf sozusagen, doch immer mit dem Sinn für das, was Zeitung ausmacht: Mut, Intuition, Kreativität.
Deshalb war sie in der Redaktion auch so geschätzt: Ellinor Holland war eine Frau vom Fach, eine, die mit Zeitungen groß geworden ist, selbst journalistisch gearbeitet hat und das Zeitungsgeschäft aus dem Effeff kannte. Jedes Gespräch mit ihr war ein Gespräch unter Profis. Man konnte ihr kein X für ein U vormachen; aber man musste ihr auch nicht das journalistische Abc erklären.
Nach außen verteidigte sie die Redaktion und die journalistische Freiheit vehement. Aber auch der hausinterne Controller konnte es mit ihr zu tun bekommen: 'Spart mir nicht an der Redaktion!', sagte sie dann trotzig – wohl wissend, dass journalistische Qualität die Voraussetzung für den wirtschaftlichen Erfolg der Zeitung ist.
Dass sie geprägt war von den Schicksalsjahren ihrer Kindheit und Jugend, war allenthalben spürbar. Sie nahm nichts auf die leichte Schulter. Getrieben von Pflichtbewusstsein und einer ungewöhnlichen Großzügigkeit des Herzens rieb sie sich für die Zeitung und ihre 'Kartei der Not' förmlich auf.
Ellinor Holland hinterlässt ein gut bestelltes Haus. Der Generationswechsel hat schon stattgefunden. Töchter und Schwiegersohn, Alexandra Holland, Ellinor und Andreas Scherer, haben das Ruder übernommen, ermutigt von der 'Seniorin', wie sie im Haus respektvoll genannt wurde.
Ellinor Hollands Vermächtnis sind keine toten Steine, es sind lebendige Werke: eine moderne, erfolgreiche Tageszeitung mit einer selbstbewussten Redaktion und ein in der Region schier unersetzbares Hilfswerk, das Jahr für Jahr Tausenden hilft.
Uns Nachgeborenen bleibt nur, beides in ihrem Sinne fortzuführen – und uns dankbar zu erinnern an diese große, großherzige Frau.
Von Markus Günther, Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen / Allgäuer Zeitung