Von Silvia Reich-Recla |AltusriedSie demonstrierten Einigkeit, die rund 300 Milchbauern, die sich gestern vor der Molkerei Stegmann in Altusried (und auch vor der Allgäuer Bergbauernmilch e. G. in Sonthofen) mit Schellen und Plakaten für einen besseren Milchpreis einsetzten. 'Wir lassen uns nicht unterbuttern' oder 'Das Maß ist voll und die Wanne bleibt leer' lauteten kampfbetonte Parolen.
Seit acht Tagen schon halten die Bauern den Milchlieferboykott - der vom BDM (Bund Deutscher Milchviehhalter) initiiert worden war - durch. Was sind ihre Beweggründe?
Richard Gögler (34) aus Wiggensbach sagt provokativ: 'Ich schütte die Milch meiner Kühe mit einem guten Gefühl weg. Es ist nämlich die letzte Möglichkeit, die hilft, unser Familieneinkommen zu sichern und den Hof zu erhalten.' Gögler, der Tag für Tag 60 Kühe melkt, ist Mitglied im Bayerischen Bauernverband (BBV) und beim BDM.
Otto Sommer (54) aus Sulzberg hat vor geraumer Zeit dem BBV den Rücken gekehrt: 'Ich fühle mich als Milchbauer vom BDM wesentlich besser vertreten als vom BBV. Die Milch seiner Kühe verfüttert er momentan an die Kälber, der Rest verschwindet in der Güllegrube.
Erwin Reinalter (31) aus Altusried fällt es schwer, 'unser gutes Lebensmittel in der Güllegrube verschwinden zu sehen'. Er sieht aber keine andere Möglichkeit, die Zukunft des Betriebes zu sichern. Das BDM-Kreisteam-Mitglied betont, dass es beim Lieferboykott nicht darum geht, welcher Landwirt welchem Verband angeschlossen ist. Er sagt: 'Die Solidarität unter den Bauern steht im Vordergrund.'
Franz Engel (44) aus Altusried hat den Eindruck, der BBV hat den Druck der Milchbauern zu spät zur Kenntnis genommen. Dass jetzt BBV-Präsident Sonnleitner und BDM-Vorsitzender Romuald Schaber zusammenarbeiten, begrüßt er. Ein Weiterführen des Lieferboykotts hält er für 'existenzwichtig'.
In seiner Kundgebung vor dem Milchwerk in Altusried betont schließlich Hans-Peter Uhlemayr unter dem Beifall der Milchbauern, dass die Zeit gekommen sei, 'dem Diktat der konzerngesteuerten Milchmarktpolitik ein Ende zu bereiten.' Der Bauer aus Kempten ruft in die Menge: 'Die Milch wird wieder fließen, aber erst, wenn man uns als gleichberechtigten Marktpartner akzeptiert'.
BDM-Kreisvorsitzender Andreas Steidele aus Sulzberg überreicht dem Vertreter der Molkerei Stegmann, Konrad Meggenrieder, eine Resolution mit Forderungen, die unter anderem einen Basis-Milchpreis von 43 Cent enthalten und eine 'flexible Steuerung des Angebots an Milch vorsehen, um Übermengen zu vermeiden'. Derzeit, so sickert am Rande der Demonstration durch, wird nur 30 Prozent der sonst üblichen Milchmenge bei Stegmann angeliefert. Es gibt keine Stellungnahme der Firmenleitung der privaten Molkerei. Anders ist es in Sonthofen, wo bei der Genossenschaftsmolkerei 'Allgäuer Bergbauernmilch' ebenfalls Hunderte von Bauern ihren Unmut kundtun (siehe Extra-Bericht).