Wer ist Jura Soyfer? Diese Frage hat sich Tobias Sosinka gestellt, als ihn Walter Weyers, der Intendant des Landestheaters Schwaben, bat, in Memmingen das Stück "Astoria" eben jenes Jura Soyfer zu inszenieren. Das war vor vier Jahren. Inzwischen weiß Sosinka sehr genau, wer Soyfer war: ein bedeutender österreichischer Autor, dem wegen der Nationalsozialisten nur ein kurzes Leben vergönnt war (siehe Infokasten).
Tobias Sosinka hat diesen Jura Soyfer inzwischen lieben gelernt. Begeistert erzählt er von dem wortmächtigen Optimisten Soyfer, der mit genauem Blick auf die Realität gesellschaftskritische Stücke mit aufklärerischem Impetus schrieb. "Er wollte etwas bewegen und verändern." Und so war es für den in Berlin lebenden Regisseur keine Frage, dass er auch am Theater in Kempten (TiK) ein Stück von Soyfer auf die Bühne bringen würde. Das hatten er und Intendant Peter Baumgardt schon vor längerer Zeit vereinbart.
Die Wahl fiel auf "Der Lechner Edi schaut ins Paradies" aus dem Jahr 1936. "Leichtfüßiges Wiener Volkstheater", schwärmt Sosinka. Es geht um den Arbeitslosen Edi, der sich mit seiner Freundin Fritzi auf eine abenteuerliche Zeitreise macht, um die Ursache für seine Misere zu finden.
Unterbrochen wird die Handlung von Liedern - ähnlich der Dreigroschenoper von Brecht/Weill. Die Texte stammen von Soyfer, die Musik komponierte ein Altusrieder: der vom Landestheater her bekannte Dietrich Stern. Die Duracherin Eugenie Krause steuert Akkordeonklänge bei.
Alexander Hold spielt Richter
Obwohl 1936 geschrieben sei das Volksstück "erstaunlich aktuell", sagt Sosinka. Im "Lechner Edi" gehe es um die Kehrseite des Wirtschaftswachstums, um Krisen und Ungerechtigkeit. Sosinka: "80 Jahre Später fragt man sich: Was hat sich überhaupt verändert?"
Bei der Inszenierung ging Sosinka einen ungewöhnlichen Weg. Zwar übernahmen drei Profi-Schauspieler die Hauptrollen. Als Statisten agieren aber 30 theaterbegeisterte Menschen aus dem gesamten Allgäu und in den Nebenrollen einige Kemptener Persönlichkeiten - darunter Reinhold Mayer, Udo Guggenberger sowie "Fernsehrichter" Alexander Hold, der einen Richter spielt. Laut scheidendem Theaterdirektor Baumgardt ist dies die bisher größte Eigenproduktion des TiK. INFOKASTEN Infos zum 'Lechner Edi' Das Stück 'Der Lechner Edi schaut ins Paradies' wurde 1939 uraufgeführt. Es steht in der Tradition des Wiener Volkstheaters und ist Stationendrama, Besserungskomödie, Traumspiel und politisch-musikalisches Kabarett. Der Autor Jura Soyfer wurde 1912 geboren. Er gehört zu den wichtigsten österreichischen Autoren, seine Werke wurden in 30 Sprachen übersetzt. Soyfer starb 1939 im KZ Buchenwald an Typhus. Die Aufführungen Premiere ist am Freitag, 7. Mai, um 20 Uhr im Theater-Oben des Stadttheaters. Weitere Aufführungen am 8. Mai (19 Uhr), 14. Mai (20 Uhr) und 16. Mai (19 Uhr). Außerdem etliche Vorstellungen für Schulen. Karten im Vorverkauf bei unserer Zeitung, Telefon 0831/206-222.