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Wie weit die Armut im Allgäu reicht

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Wie weit die Armut im Allgäu reicht

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    Kinderbrücke Allgäu arbeitet eng mit Jugendamt und Wohlfahrtsverbänden zusammen Westallgäu (ins). Die Leute von der Kinderbrücke Allgäu wissen, dass es Armut gibt, auch bei uns. Regelmäßig werden Anliegen an den in Weiler angesiedelten Verein herangetragen. Neben den vielen Einzelfällen, in denen die Kinderbrücke meist ganz kurzfristig hilft, setzt die Organisation inzwischen mehr auf Vorbeugung. Sie möchte verhindern, dass sich Armut und soziale Schwäche 'vererben', wie es der Vorsitzende Ludwig Rapp ausdrückt..

    Wie weit Armut im Allgäu reicht, ist an den konkreten Fällen erkennbar, in denen die Kinderbrücke seit 2001 finanzielle Hilfe leistet. Eine alleinerziehende Mutter in Kempten etwa, die die Kosten für die Mittagsbetreuung ihrer drei Kinder an der Schule nicht bezahlen kann: drei Mal ein Euro täglich. Die Frau arbeitet um die Mittagszeit, sie braucht die Betreuung. Oder die Familie eines arbeitslosen Mannes, der endlich in einer anderen Stadt eine Stelle findet, die Umzugskosten aber nicht schultern kann. Eine Mutter von fünf Kindern, deren Sohn in einem 'Eiskeller' schläft, weil der Einbau einer Heizung zu teuer wäre. Die meisten Leute, die sich an die Kinderbrücke wenden, brauchen Hilfe auf zwei Ebenen: finanzielle Unterstützung und grundsätzliche Beratung. 'Es geht um die Frage, wie kommt die Person raus aus ihrer Misere', sagt Ludwig Rapp. Und eben diese Art von Hilfe könne die Kinderbrücke nicht leisten. 'Dazu braucht es Fachpersonal'. Auch bei der Überprüfung der konkreten Fälle arbeiten Rapp und die sechs weiteren Mitglieder des entscheidenden Komitees eng mit den vermittelnden Stellen zusammen. Laut Rapp ist es der richtige Weg, wenn der Kontakt zu hilfsbedürftigen Menschen über die klassischen Anlaufstellen zu Stande kommt, also über Kinderschutzbund, Arbeiterwohlfahrt, Jugendämter oder Pro Familia. Die Kinderbrücke gleicht dann mit den aus Spenden kommenden Mitteln finanzielle Engpässe aus oder übernimmt auch mal über einen längeren Zeitraum Kosten für Dinge wie Hausaufgabenbetreuung oder ein warmes Mittagessen für Kinder aus sozial schwachen Familien. Manchmal geht es um richtig große Summen, wenn etwa ein Familienmitglied erkrankt und es Monate dauert, bis geklärt ist, welche Stellen Kosten übernimmt und wie weit die staatliche Hilfe greift. Zunehmend versucht die Kinderbrücke, dem Staat auf die Sprünge zu helfen. Und zwar vor allem in Sachen Prävention. Da übernimmt die Organisation auch Kosten für Projekte, die eigentlich der Staat finanzieren müsste - 'wenn sie zeitlich begrenzt sind'. Mit Enthusiasmus hat die Kinderbrücke das ADHS-Präventionsprogramm ins Leben gerufen. 'Hier kommt der Staat einfach nicht in die Gänge', findet Ludwig Rapp. Zwei ADHS-Therapeuten sind im Landkreis Lindau Ansprechpartner für Lehrer und Eltern von Kindern, die am Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom leiden. Wenn Eltern die Behandlung ihres Kindes nicht bezahlen können, springt die Kinderbrücke ein. 'In drei Jahren wollen wir prüfen, ob das Projekt funktioniert. Wenn das der Fall ist, möchten wir den Staat in die Pflicht nehmen, damit er das weiter finanziert.', erklärt Rapp. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, vermutlich von der Uni Augsburg. Ein anderes Präventionsprogramm soll in Memmingen gestartet werden. Hier geht es um Problemkinder im Alter zwischen acht und zehn Jahren. Diese Buben und Mädchen sollen schulisch begleitet werden. Was Ludwig Rapp umtreibt, ist die Erfahrung: 'Wir helfen einer Familie und können darauf warten, dass in zehn Jahren das Kind auch auf der Matte steht.' Deshalb fragt er sich mit seinen Mitstreitern, wie es zu erreichen ist, 'dass aus Kindern von sozial schwachen Familien nicht automatisch sozial schwache Erwachsene werden'. Es geht um Chancengleichheit. Die Kinderbrücke hat laut Rapp dank der regelmäßigen Spenden 'ein gut gefülltes Konto'. Und das braucht sie auch. 'Wenn wir uns auf ein Projekt festlegen, müssen wir es auch über eine gewisse Laufzeit finanzieren können.' Derzeit gibt die Organisation etwa 80 Prozent ihrer Gelder für Akuthilfe aus und 20 Prozent für Präventionsprogramme. Was sich nach Meinung von Vorsitzendem Rapp noch etwas in Richtung Prävention verschieben sollte.

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