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Wie geht es weiter im "Erdenlicht"?

Kempten / Oberallgäu

Wie geht es weiter im "Erdenlicht"?

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    Wie geht es  weiter im "Erdenlicht"?
    Wie geht es weiter im "Erdenlicht"? Foto: martina diemand

    In den vergangenen Wochen hat Brigitte Ewender viele schlaflose Nächte erlebt. Nicht nur deshalb, weil die Ankunft neuer Erdenbürger die langjährige Hebamme auf Trab gehalten hat. Vielmehr bringt sie das um den Schlaf, was ab 1. Juli deutschen Hebammen bevorsteht: die Erhöhung der Berufshaftpflichtprämien auf dann insgesamt 3689 Euro im Jahr. "Das ist einfach ein Wahnsinnsgeld, davon kann ich zwei Monate leben", sagt Ewender.

    Die Wiggensbacherin ist beruflich nicht ganz auf sich gestellt - gemeinsam mit vier weiteren Hebammen betreibt sie das Geburtshaus "Erdenlicht" in der Bahnhofstraße - neben Füssen und Ulm das einzige Haus dieser Art in der Umgebung. Zwischen 60 und 80 Frauen entscheiden sich jedes Jahr dafür, ihr Kind nicht in der Klinik oder zu Hause, sondern im Erdenlicht zur Welt zu bringen. Und wenn im Juli die Haftpflichtprämien steigen, könnte es für diese Einrichtung schwierig werden.

    In Zahlen: "Eine Kollegin hat ausgerechnet, dass sie elf Geburten braucht, um die Versicherung zu zahlen. Im vergangenen Jahr hat sie aber nur zwölf Geburten gehabt", sagt die Wiggensbacherin. Wird das Geburtshaus also schließen müssen? "Nein, das ziehen wir nicht in Erwägung.

    " Vielmehr habe man sich verschiedene Möglichkeiten überlegt, wie das Geld für die hohen Prämien hereinkommen könnte. Eine Idee wäre es, die Gebühren für die Eltern zu erhöhen. Für die fünfwöchige Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft der Geburtshaushebammen zahlen Frauen derzeit 180 Euro aus eigener Tasche. Allerdings haben die Hebammen selbst ein wenig Bauchschmerzen bei dieser Variante. Denn eigentlich sind sie der Meinung, dass die Entscheidung fürs Geburtshaus nicht von den Finanzen abhängen sollte. "Auf jeden Fall wird es nie so sein, dass wir zu Frauen sagen: Keine Kohle, keine Geburt", betont die 46-Jährige.

    Eine andere Variante: "Wir haben überlegt, dass sich jede von uns drei Monate im Jahr abmelden könnte." Dadurch würden die Versicherungskosten sinken - werdende Mütter stehe dann unter Umständen nicht mehr ihre Wunschhebamme zur Verfügung.

    Hoffen auf die Politik

    Momentan jedoch hoffen die Geburtshelferinnen vor allem auf eines: "Dass die Politik reagiert." Weshalb Ewenders Kolleginnen gestern in München beim Protesttag dabei waren. "Es gibt ja einen Topf, über den besonders risikoreiche Berufsgruppen bezuschusst werden - vielleicht könnten wir daraus etwas erhalten", hofft die Oberallgäuerin.

    Sie kennt Hebammen, die den Job wegen der drohenden Versicherungssummen sogar an den Nagel hängen wollen. Obwohl man doch gerade in diesem Beruf so mit Leib und Seele dabei sei: "Schließlich ist das etwas ganz Einmaliges, eine Familie so in die Welt zu begleiten." Aber auch Hebammen müssten ihre Familien ernähren.

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