Der sogenannte "Solarstadel" ist zum Präzedenzfall geworden. Ein Landwirt baute auf seinem 1,25 Hektar großen Grundstück in Haldenwang (Oberallgäu) einen zehn Meter hohen Stadel mit Pultdach, auf dem eine Solaranlage installiert ist. Im Januar verordnete das Landratsamt Oberallgäu den Abriss, der Landwirt klagte dagegen und verlor (wir berichteten). Der Fall hat viele Fragen aufgeworfen, wo rechtlich Grenzen für die genehmigungsfreie Gestaltung von Stadeln liegen. Dreh- und Angelpunkt ist die landwirtschaftliche Nutzung: Diese muss laut Artikel 57 der bayerischen Bauordnung im Vordergrund stehen. Die Nutzung des Daches als Träger einer Solaranlage darf demnach nur Nebeneffekt sein.
Genehmigungsfrei ist ein landwirtschaftliches Bauvorhaben aber auch nur bis zu einer gewissen Größe: "Die Grundfläche eines genehmigungsfreien Stadels darf nicht größer als 100 und die Dachfläche nicht größer als 140 Quadratmeter sein. Das ist gesetzlich festgelegt", sagt Brigitte Stoll vom Landwirtschaftsamt Kempten. Außerdem dürfe er keine Feuerungsanlage haben, nur eingeschossig und nicht unterkellert sein, zählt Baujurist Christian Baumann vom Landratsamt Unterallgäu auf. An dieser Stelle höre das explizite Gesetz aber auf.
Andreas Kaenders, Pressesprecher des Landratsamtes Oberallgäu, weiß aber, dass die gängige Rechtsprechung die Richtlinien zur Gestaltung eines Stadels meist mit der Formulierung "vernünftiger Landwirt" genauer definiert: "Es heißt darin, dass ein Stadel dann von landwirtschaftlichem Nutzen ist, wenn er so gebaut ist, wie es ein vernünftiger Landwirt auch machen würde", zitiert Kaenders.
Da dies nach der Einschätzung von Landwirtschaftsamt und Landratsamt im Falle des Haldenwanger Stadels nicht zutraf, wurde der Abriss verordnet. Trotz Widerspruch des Bauern, entschied auch das Gericht, dass dieser Punkt den Verstoß gegen das Baurecht ausmache.
Hinweise der Landratsämter
Um weitere Fälle wie den in Haldenwang zu vermeiden, gibt es beim Landratsamt Oberallgäu seit Februar ein Merkblatt mit Hinweisen zur Errichtung solcher Stadel, die aber nicht alle gesetzlich verankert sind. Im Ostallgäu und im Kreis Lindau ist dieses ebenfalls gültig. Die wichtigsten Aussagen daraus:
Stadel, die im Außenbereich errichtet werden, müssen dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen.
Betriebsdienlich sind sie dann, wenn ein vernünftiger Landwirt unter Berücksichtigung der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs das Vorhaben mit etwa gleicher Gestaltung errichten würde.
Für Stadel, auf denen Photovoltaikanlagen angebracht werden sollen, bedeutet dies: Die Nutzung des Stadels als Träger der Anlage muss erkennbar Nebeneffekt des ansonsten landwirtschaftlich erforderlichen Gebäudes sein.
Vor diesem Hintergrund bitten wir, bei der Konstruktion von Stadeln auf "Pultdachstadel" zu verzichten.
Sogar eine Zeichnung mit allen Maßen beinhaltet das Merkblatt. Auch das Landratsamt Unterallgäu führt ein ähnliches Informationsschreiben.
"Das sind nicht alles verankerte Gesetze", sagt Kaenders, "doch wenn ein Landwirt diese Hinweise ignoriert, muss er sich nicht wundern, wenn er damit auf die Nase fällt". Auch der Heimatbund Allgäu steht Stadeln, wie dem in Haldenwang kritisch gegenüber. "Wir sind sicherlich nicht gegen den technischen Fortschritt", sagt die stellvertretende Vorsitzende Gerlinde Hagelmüller, "aber man sollte unsere Kulturlandschaft schützen und solche Bauten sensibel in die Landschaft setzen."