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Wie die Memminger sich

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Wie die Memminger sich

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    an der Nase führen ließen Der Fall des Johann Heinrich von Syberg anno 1734/35Von Markus Bär Irsee/Memmingen Denn weit, weit muss der wandern, über fremdes Reich und Meer, der den alten Bergen nachgeht, wo der Stein der Weisen wär

    (Altes Alchemistengedicht aus England)

    Von weit her gefahren jedenfalls kam am Freitag, dem 26. Februar 1734, ein etwas beleibter und sehr elegant gekleideter Herr Mitte 30 in einer vornehmen Kutsche, passierte das Augsburger Tor der Reichsstadt Memmingen und hielt beim Gasthaus 'Goldene Krone', dem ersten Haus am Platze. 'Er stellte sich als Freiherr Johann Heinrich von Syberg vor', so der aus Kaufbeuren stammende Historiker Dr. Stefan Dieter gestern bei der Fachtagung 'Die Kunst der Alchemie' in Irsee.

    Das, was Dieter aus alten Protokollen herausfand, entpuppt sich als ein typischer Fall betrügerischer Alchemie. Und so ging es damals weiter: Syberg, mit gepuderter Perücke, teilt dem herbeieilenden Wirt mit, dass er auf der Durchreise nach Wien sei, aber einige Zeit in Memmingen zu bleiben beabsichtige.

    Im Nu ist Syberg das Tagesgespräch in der Stadt. Bald kursieren Gerüchte. Der hohe Herr habe in den Nebenräumen ein Labor eingerichtet. Und er könne Gold aus Quecksilber herstellen. Bald schon hatte Syberg Kontakte zu allen Honoratioren Memmingens, inklusive Bürgermeister Tobias von Hermann. Sie überzeugte er hin und wieder mit einigen Kostproben seiner alchemistischen Kunst. Und in der Stadt war der Fremde bald sehr beliebt, weil er Kranken Arzneien schenkte. Bedenken, dass er mit dem Teufel im Bunde stehe, wischte Syberg kurz darauf in der Karwoche mit (zur Schau gestellter) höchster Frömmigkeit vom Tisch.

    Bald aber schon kommen kritische Stimmen auf: 'Syberg hält sich noch immer hier auf, aber sein Kredit beginnt allmählich zu fallen; denn Gold machen und seine Schulden nicht bezahlen können, will sich nicht zusammenschicken', bemerkt Stadthauptmann Sayler im Juni 1734. Um an Geld zu kommen, veranstaltete Syberg im Juli eine Lotterie. Jeder Teilnehmer muss einen bestimmten Betrag in Gold zahlen. Dieses Gold werde in einem verschlossenen Gefäß vermehrt. Ein Jahr später werde Syberg das Gold mit 5300-prozentiger Verzinsung zurückzahlen. Unter den Teilnehmern: Graf Fugger zu Boos, der Kaufbeurer Kaufmann Wagenseil, Bürgermeister Weber von Isny und viele weitere von nah und fern.

    Jeder wollte nun wissen, wie der edle Herr denn Gold herstellte. Mehrfach hatte er es ja bei Schauexperimenten vorgeführt. Doch der Buxheimer Verwalter Melck kommt ihm auf die Schliche, als er beobachtet, dass Syberg das Gold in einem vorher präparierten Kohlenstück verborgen hatte. Durch die Hitze des Feuers verschwindet die Kohle, das Gold hingegen kommt ans Tageslicht. Doch Melck muss auf Weisung seines Herrn, des Priors, den Mund halten, da dieser offenbar Tumulte befürchtete. Schließlich war Syberg von der Geistlichen Welt als guter Christ akzeptiert worden.

    Langsam nehmen die Memminger Honoratioren Nachrichten aus Amsterdam, Berlin, Leipzig, Nürnberg, Bern oder München über Sybergs Unwesen doch ernst. Sie stellen ihn unter Arrest, die Eröffnung des Gefäßes, in dem das Gold der Lotterie sich wundersam vermehren sollte, bringt klägliche Ergebnisse. Der Stadtrat holt ein juristisches Gutachten ein. Das besagt allerdings: Es habe sich nur um eine Lotterie gehandelt. Syberg habe immer betont, dass ihr erfolgreicher Ausgang in erster Linie 'in der Hand Gottes' liege. Zu Deutsch: Ihr Memminger seid selber schuld.

    Und so lassen sie Syberg Mitte 1735 ziehen. Am 15. Oktober 1738 trifft ein Brief des Pagen Sybergs ein. Sein Herr sei in Madrid gestorben. Dort habe er ein Staatsbegräbnis erhalten. Der König und die Königin von Spanien seien in tiefer Trauer

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