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Wie das Gipfelkreuz aufs Hohe Licht kam

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Wie das Gipfelkreuz aufs Hohe Licht kam

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    Oberstdorf (pts). Für die Dichterin Gertrud von le Fort zählte das Hohe Licht zu den ganz großen Majestäten der Allgäuer Alpen. Sie liebte diesen 2652 Meter hohen Berg, der bereits auf Tiroler Territorium emporragt, allein schon wegen des Namens. Auch die Kolpingfamilie Oberstdorf fühlt sich dem Hohen Licht verbunden. 1938 errichtete dort der damalige Gesellenverein unter großer Schinderei ein vier Meter hohes Gipfelkreuz, das gleichwohl vor einem Vierteljahrhundert erneuert werden musste. Jetzt stiegen Kolpingfreunde zu einem Erinnerungs-Gottesdienst hinauf. Ihr Berge und Hügel preiset den Herrn! So lautete die Inschrift des Gipfelkreuzes schon kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Beim 1979 erneuerten Christen-Symbol in Gottes freier Natur wurde dies übernommen. Ein Bezwinger des Hohen Lichts muss die fromme Aufforderung nach dem Anschluss Österreichs ans deutsche Reich gründlichmissverstanden haben. Dass dieser schöne Berg ins Reich heimgekehrt ist, verdanken wir dem Führer, schrieb der Irrgeleitete ins Gipfelbuch. Die katholischen Kolpingbrüder konnten nichts für derlei Ergüsse.

    Ihr kirchlich geprägtes Gesellenleben war bald darauf verboten. Die Machthaber hatten andere Symbole, schrieb Chronist Otto Bader ins Protokollbuch. Er notierte auch die näheren Umstände jener Plackerei vor sieben Jahrzehnten, nachdem der größte hinauf zu schleppende Balken immerhin zweieinhalb Zentner wog. In Gipfellage mussten die wackeren Kreuzfahrer auf Folien Schnee schmelzen, um Wasser für den Beton des Fundaments zu haben. Beim Erinnerungs-Gottesdienst auf dem Berg, dessen Spitze und Gipfelkreuz man vom Tal aus nicht einmal sehen kann, erweckte Pfarrer Peter Guggenberger jene Zeit in Worten wieder. Er war zusammen mit den Pilgern aufgestiegen, die entweder einen zweieinhalbstündigen Marsch von der Rappenseehütte oder eine dreistündige Tour über den Einödsberg am Linkerskopf vorbei auf sich nahmen. Im Beisein von Bürgermeister Thomas Müller und dessen Stellvertreter Albert Vogler ging der Geistliche aber auch auf das erneute Errichten des Gipfelkreuzes vor 25 Jahren ein, nachdem die alten Balken zu morsch geworden waren. Ein Querholz von 1938 schmückt heute die Saaltür des Kolpinghauses. Guggenbergers Vorgänger, Pfarrer Karl Rottach, war 1979 von einer Beerdigung zur Kreuzweihe geeilt, wobei er sich einer Himmelfahrt unterziehen musste, in der Materialseilbahn zur Rappenseehütte. Verbürgt ist der tiefe Seufzer von Hochwürden Rottach, nachdem er wieder festen Boden unter sich verspürte: Ich steige niemals mehr in eine solche Bahn! Gerne lauschten die Gläubigen auf dem engen Plafonds des Hohen Lichts diesen alten Geschichten. Immerhin 15 der rund 40 Kolping-Mitglieder, die 1979 mit angepackt hatten, waren auch diesmal noch dabei. Wie vor 66 Jahren begleiteten Nebel, Wind und Regen die frommen Bergsteiger. Denn mitunter verdunkelt sich selbst ein Hohes Licht.

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