Es wurde schon dunkel, als Reinhard und Christa Lindner aus Weitnau sich auf den Rückweg machten. Das Lehrer-Ehepaar war erst relativ spät im September zu einer Wanderung auf den Hauchenberg aufgebrochen, weil noch so viel für die Schule zu tun gewesen war. Ungefähr auf Höhe der sogenannten "Brotzeithütte" hörten die Lindners plötzlich Schreie. "Zuerst habe ich mich geärgert und mir gedacht: wer macht denn da so ein Geschrei?", erinnert sich Reinhard Lindner. Doch dann bemerkten er und seine Frau, dass es sich um Hilferufe handelte. "Die Schreie waren durchdringend. Uns wurde klar: das ist ein Notfall", erzählt Christa Lindner. Die beiden fanden ein Fahrrad am Wegesrand und etwa hundert Meter weiter Roland Durner, der schwer verletzt am Boden lag. Später stellte sich heraus, dass seine Kniescheibe gebrochen war und einige Sehnen ab waren - er konnte weder gehen noch aufstehen.
Die Lindners handelten besonnen und ruhig. Sie riefen die Rettungsleitstelle an und trennten sich: Reinhard Lindner blieb bei dem Verletzten und hielt Kontakt zu den Rettungskräften, seine Frau machte sich auf den Weg zu einem nahe gelegenen Parkplatz, um die Helfer in Empfang zu nehmen und zur Unfallstelle zu lotsen. Ganz allein lief sie rund zwei Kilometer im Dunkeln durch den Wald. Angst habe sie aber keine gehabt. "Ich machte mir nur Sorgen, dass der Verletzte in der Zwischenzeit kollabieren könnte." Es war bereits etwa 20 Uhr, als sie auf dem Parkplatz ankam. Kurz darauf kamen die Johanniter und ließen sich von Christa Lindner zum Unfallort leiten.
In der Zwischenzeit war es empfindlich kalt geworden. Doch Reinhard Lindner hatte in seinem Rucksack eine Wärmedecke und ein Sitzkissen dabei, das er Roland Durner unterschob. "Mein Mann ist immer bestens gerüstet", erzählt Christa Lindner lachend. Der nickt. Weil er oft mit seinen Schülern unterwegs ist, habe er vom Pflaster über die Taschenlampe bis zur Schnur immer die wichtigsten Utensilien bei sich, die man im Notfall gebrauchen könnte. Dazu zähle natürlich auch ein Handy mit vollem Akku. Froh waren die Lindners, dass sie gemeinsam unterwegs waren. Vor allem in den kritischen Momenten, bis sie den Verletzten fanden, habe sie ein mulmiges Gefühl gehabt, erzählt Christa Lindner. "Wir wussten ja nicht, was los ist."
Über "netten Dankesbrief" gefreut
Das Ereignis ist schon drei Jahre her, Roland Durner (55), der seit einigen Jahren in Weitnau wohnt, geht es heute gut. Als Anerkennung für ihr kluges und besonnenes Handeln zeichnete Landrat Gebhard kaiser das Ehepaar im Namen von Schwabens Regierungspräsidenten Karl Michael Scheufele aus. Das Ehepaar freute sich darüber, möchte aber nicht zu sehr im Mittelpunkt stehen: Der nette Dankesbrief, den Roland Durner ihnen geschrieben hat, hätte auch gereicht, sagen die Beiden bescheiden.
Mit der Patrona Bavaria, einer Auszeichnung des bayerischen Ministerpräsidenten, wurde das Ehepaar Lindner aus Weitnau gestern geehrt. Die beiden retteten 2007 den verunglückten Mountainbiker Roland Durner. Sitzend von links: Christa und Reinhard Lindner mit Landrat Gebhard Kaiser, der die Auszeichnung überreichte.
Hinten links ist der gerettete Roland Durner zu sehen, neben ihm Weitnaus Bürgermeister Alexander Streicher. Foto: Martina Diemand