Diplom-Heilpädagoge Winfried Weibels hat es in seinem beruflichen Alltag mit extrem verhaltensauffälligen Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren zu tun. Er arbeitet bei der 'PlusPol' Jugendhilfe, die als privater Träger heilpädagogische Jugendwohngruppen in vier Häusern im Oberallgäu betreibt.
Nach einer Holzaktion hatte der Pädagoge einen 13 Jahre alten Jugendlichen auf den Weg von Börlas nach Weitnau geschickt. Der allerdings trödelte offensichtlich, kam in die Dunkelheit und wurde schließlich gesucht.
Ermittelt werden könne unter anderem wegen Aussetzung oder auch wegen fahrlässiger Körperverletzung, sagte Polizeisprecher Christian Owsinski. Pädagoge Winfried Weibels war gestern anzumerken, dass ihn der Fall nicht kalt lässt. Die Polizei, sagt er, habe in ihrem Bericht über den Vorfall an die Öffentlichkeit wichtige Details nicht erwähnt. 'Viel seriöser war der Bericht an die Jugendämter.'
Nach Weibels Worten hatten am Samstag junge Heimbewohner zusammen mit ihm in einem Wald im Oberallgäuer Bergstätt-Gebiet bei Immenstadt Brennholz gemacht. Auf dem Rückweg spuckte der 13-Jährige dann einen Kaugummi auf eine Pferdekoppel. Wenig später, erzählt Weibels, habe er den Burschen aufgefordert, den Kaugummi aufzuheben und ihn ihm vorzuzeigen. Der Junge habe sich geweigert, woraufhin er zu Fuß zu einem wenig entfernten Treffpunkt gehen sollte.

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Doch statt zu Fuß zu gehen, trampte der Jugendliche und wurde auch mitgenommen. Sogar habe er noch zehn Euro erbettelt, da es ihm angeblich so schlecht in dem Heim gehe. Weibels forderte den 13-Jährigen daraufhin auf, zu Fuß von Börlas nach Weitnau zu gehen.
Wenn er normal gegangen wäre, hätte er auf jeden Fall bei Einbruch der Dunkelheit das Dorf erreicht. Doch offensichtlich ließ sich der Jugendliche auf dem Weg über den Hauchenberg Zeit, verlief sich und löste nächtliche Suchaktion von Bergwacht, Polizei und Feuerwehr aus. Schließlich wurde er in der Nacht von der Feuerwehr im Wald gefunden.
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'Es geht nicht um Strafe'
Pädagoge Weibel steht auch heute noch zu seiner Entscheidung: 'Den Jungen zu Fuß gehen zu lassen, halte ich für richtig.' Es gehe nicht um eine Strafe, sondern um das Aufzeigen von Grenzen und Konsequenzen, erläutert der Pädagoge.
In den Wohngruppen der Einrichtung sind Jugendliche untergebracht, die in anderen Häusern nicht mehr aufgenommen werden. Sie gelten auch wegen ihres extrem auffälligen Verhaltens als 'nicht beschulbar', können also keine Regelschule besuchen. 'Außer uns findet sich in Bayern keine Einrichtung, die derart schwierige Jugendliche aufnimmt', sagt Weibels. Einzige Alternative für solche Jugendlichen sei dann die Unterbringung in einer geschlossenen Kinder- oder Jugendpsychiatrie.
Ob und inwiefern gegen den Pädagogen ermittelt wird, ist nun Sache der Kemptener Staatsanwaltschaft. Die Polizei werde ihren Bericht über den Vorfall an die Ermittlungsbehörde weiterleiten, sagt Pressesprecher Owsinski: 'Unsere Aufgabe ist es nicht, ein pädagogisches Verhalten zu bewerten', betonte er. Tatsache sei, dass eine große Suchaktion notwendig gewesen sei. Die Kosten dafür werde zumindest von der Polizei wohl niemandem in Rechnung gestellt.