Felchen, Barsch, Rotauge, Zander, Forelle... für Bernd Kaulitzki, 44 Jahre alt aus Wasserburg am Bodensee gehören diese Fische zur täglichen Arbeit. Wenn er frühmorgens mit seinem Boot auf den See fährt, weiß er nie, welche und wie viele Fische er dieses Mal in seinen Netzen hat.
Die Fischerei am Bodensee hat sich zu einem harten Geschäft entwickelt. Das Felchen, das im Bodensee am häufigsten vorkommt und den meisten Ertrag ausmacht, lebt dort seit einiger Zeit nicht mehr unter idealen Bedingungen. Kaulitzki, Bodenseefischer seit 18 Jahren, muss im Vergleich zum Vorjahr nach eigenen Angaben enorme Umsatzeinbußen von etwa 50% hinnehmen, weil der Felchenbestand immer mehr abnimmt.
Schuld daran ist die Wasserqualität, in die das Wasserwirtschaftsamt bewusst eingreift, um den Phosphatgehalt zu verändern. Noch in den 1970er-Jahren lag der Phosphatwert im Bodensee bei 85 µg (Mikrogramm) pro Kubikmeter Wasser, so Kaulitzki. Weil das aber zu hoch war und der See zu kippen drohte, sollte der Wert auf 20-25 µg gesenkt werden. Mittlerweile unterschreite der Phosphatgehalt sogar die Grenze von 10 µg. Darüber wäre es für die Fische noch erträglich. So aber steht ihnen das richtige Pflanzenfutter nicht mehr in ausreichender Menge zu Verfügung.
Die Folgen: Kleinere Fische und eine geringere Ertragsmenge für den Fischer. Statt nötigen 50 kg Felchen pro Fangtag gehen Fischer Bernd Kaulitzki oft nur etwa 10-15 kg ins Netz – viel zu wenig, um davon seine Unkosten decken zu können. Deswegen hat er sein Geschäft erweitert.
Er fischt zusätzlich Barsch, aber auch das Rotauge. Letzteren versucht er, Restaurants aus der Umgebung schmackhaft zu machen. Von der Beliebtheit der Felchen, die typisch für den Bodensee sind, ist das Rotauge allerdings noch weit entfernt. Stattdessen verkauft er einen großen Teil an einen Großhändler, der wiederum den Fisch an Zoos zur Fütterung von Pinguinen weiterverkauft.
Bernd Kaulitzki lebt aber nicht nur von seinem eigenen Fang. Er muss umdenken und neue Wege finden, um seinen Beruf als Fischer weiterhin gewinnbringend auszuüben. Daher kauft er Lachsforellen an, die er räuchert und weiterverkauft. Außerdem repariert er sein Boot und das Zubehör so lange, bis es wirklich ersetzt werden muss, anstatt frühzeitig neues Material zu kaufen. So kann er (momentan noch) von seiner Arbeit leben.
Fischer sein heißt, mit der Natur zu leben. Doch ob Sonne, Regen, Schnee oder Trockenheit - Bernd Kaulitzki ist jedes Wetter recht, solange der Wind nicht zu stark ist, denn der macht ihm die Arbeit deutlich schwerer. In seinem Beruf erlebt der 44-jährige Wasserburger Freiheit und Eigenständigkeit, er ist sein eigener Chef. Dort zu arbeiten, wo andere Urlaub machen, das genießt der Fischermeister jeden Tag aufs Neue.