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Wer schläft, der ist seinen Maibaum los

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Wer schläft, der ist seinen Maibaum los

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    Brauch des 'Verziehens': Wenn Stehlen belohnt wird. Von Nicole Siebert Kempten/Oberallgäu Noch zwei Nächte, dann kann Martin Landerer wieder ruhig schlafen. Und wenn am ersten Mai der Maibaum in der Gemeinde Oy auf dem Platz beim Kurhaus aufgestellt wird, dann wird auch kräftig gefeiert. Wie in allen anderen Gemeinden, die am Montag ihren mit Tafeln geschmückten Maibaum aufrichten. Bis dahin ist der Baum allerdings in großer Gefahr. Überall lauern Spitzbuben, die es auf Maibäume abgesehen haben, um sie zu 'verziehen'. Zwei Mal wurde den Oyern der Maibaum bereits gestohlen. 'Das ist aber schon zehn Jahre her', erzählt Landerer. Außerdem könne das heute nicht mehr passieren, glaubt der Vorsitzende des Trachtenvereins D´Mühlbachthaler. Denn alle paar Stunden schaut er nach, ob die 30 Meter lange Fichte noch sicher an Ort und Stelle liegt. 'Ich habe mich schon einmal mit dem Schlafsack neben den Baum gelegt, damit ihn keiner stibitzt', lacht Landerer. Da näherten sich dunkle Gestalten dem geheimen Versteck. 'Ich hörte sie kommen und packte leise meinen Fotoapparat aus', erzählt der junge Mann. Die Maibaumdiebe in spe wähnten sich in Sicherheit. Deshalb traf sie Landerers Fotoblitz nicht nur mitten ins Gesicht, sondern jagte ihnen auch einen gehörigen Schrecken ein und schlug sie in die Flucht. Auf dem Foto konnte man die entgeisterten Gesichter der Spitzbuben genau erkennen. Während in manchen Gemeinden der Brauch des 'Maibaumverziehens' zu tiefen Feindschaften führt, war es bei Petersthal und Sankt Mang genau umgekehrt. 'Einmal haben wir den Maibaum von Sankt Mang gestohlen', berichtet Toni Waibel, Vorsitzender des Trachtenvereins D´Rottachtaler. Und noch heute huscht ihm ein spitzbübiges Lächeln über das Gesicht. 'Der Maibaum war auf freiem Feld neben einem Haus gelagert', erinnert sich Waibel. Bewacht hat das edle Stück der Hausbesitzer. 'Wir haben einen passenden Moment abgewartet und sind mit dem Baum der Sankt Manger abgehauen', erzählt Waibel. Auf diebische Freude folgte Ernüchterung.'Am nächsten Tag lag wieder genau so ein Baum am gleichen Platz', sagt Waibel. Und noch heute erinnert er sich, wie es ihm und seinen Freunden eiskalt den Rücken hinunter gelaufen ist. 'Wir haben glaubten, wir hätten den falschen Baum mitgenommen. Das wäre dann Holzdiebstahl gewesen', berichtet er. Doch die Petersthaler hatten Glück. Der überlistete Bewacher wollte nämlich nur die Schande nicht über sich ergehen lassen und hatte einen Ersatzstamm hingelegt.

    Pauken und Trompeten Wer auf seinen Maibaum nicht richtig aufpasst, der muss kräftig zahlen. So verlangt es der Brauch. In Naturalien, versteht sich. Eine deftige Brotzeit und einige Liter Bier kostet die Auslöse schon. 'Wir brachten damals den Baum unter den Klängen der Petersthaler Kapelle zurück', erzählt Waibel. Aus dieser Aktion ist eine Freundschaft entstanden, das die beiden Gemeinden noch immer verbindet. Wer übrigens kürzlich einen Spaziergang in der Nähe von Petersthal gemacht hat, der hat den Maibaum 2000 sicher schon gesehen. 'Er liegt seit drei Monaten an einem sonnigen Wanderweg', verrät Waibel. Mit ihrem offenen Versteck sind die Petersthalter seit Jahrzehnten immer gut gefahren. Noch nie wurde ihnen der Baum gestohlen.

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