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Wenn der Traualtar übers Internet ausgesucht wird

Oberstdorf

Wenn der Traualtar übers Internet ausgesucht wird

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    Wenn der Traualtar übers Internet ausgesucht wird
    Wenn der Traualtar übers Internet ausgesucht wird Foto: sh/jo

    Nicht in jeder Kapelle darf jeder heiraten - diese Erfahrung musste jüngst ein Allgäuer Hochzeitsberater machen, dessen ausländische Kundschaft gern in Tiefenbach vor den Traualtar geschritten wäre. Oberstdorfs katholischer Pfarrer, Monsignore Peter Guggenberger, erläutert die Hintergründe und spricht über Brautpaare und ihre Wünsche.

    Heiraten früher und heute - was hat sich verändert?

    Peter Guggenberger: Früher war Heiraten gesellschaftliche Norm. Damals war die Gefahr, vorschnell zu heiraten, weit größer. Wer heute kirchlich heiratet, macht das sehr bewusst und meint es ernst.

    Inwieweit haben sich die Ansprüche der Brautpaare verändert?

    Guggenberger: Früher hatten die meisten Paare wenig konkrete Vorstellungen. Heute sind Brautleute übers Internet informiert und wissen ganz genau, wo, wann, in welchem Ambiente und mit welchem Pfarrer sie heiraten wollen. Da passiert es durchaus, dass im Pfarrbüro eine E-Mail ankommt mit konkretem Termin - und die Gaststätte ist längst gebucht. Wenn die Vorstellungen zu konkret sind, sage ich manchmal schon: Müssen muss man nur sterben.

    Aber Spaß beiseite: Brautleute sollten nicht mit der Brechstange kommen, sondern mit dem Pfarrer einen Weg suchen.

    Das heißt, Oberstdorf als Hochzeitsort wird übers Internet ausgesucht, ohne dass ein Bezug zur Marktgemeinde besteht?

    Guggenberger: Das kommt häufig vor - zwei Drittel der Eheschließungen hier finden zwischen Auswärtigen statt. Als Argument hört man durchaus: Ihre Kirche sagt mir architektonisch zu, und die Hochzeit sollte irgendwo in den Bergen sein. Da werde ich hellhörig. Die Norm ist es eigentlich, in der eigenen Pfarrkirche zu heiraten.

    Provokativ gesagt: Was halten Sie von Heiraten als Tourismuspauschale?

    Guggenberger: Mir geht es nicht darum, touristisch Leute an Oberstdorf zu binden. Ich will, dass die Ehe gelingt. Die Bindung an die Heimatgemeinde ist eine gute Sache.

    Und nicht in jeder Kapelle sind in Oberstdorf Trauungen möglich?

    Guggenberger: Ja, das ist wie beim Standesamt. Auch da kann nur an bestimmten Orten geheiratet werden. Für Trauungen in Oberstdorf stehen Auswärtigen die Pfarrkirche sowie Loretto zur Verfügung.

    Ein Tiefenbacher kann aber doch auch in Tiefenbach heiraten

    Guggenberger: Das stimmt. Aber in Tiefenbach wie auch in der Schöllanger Kapelle gibt es zwei Probleme: Zum einen haben wir dort keine festangestellten Mesner und Organisten, und wir wollen die Belastung der Ehrenamtlichen niedrig halten. Zum anderen befinden sich beide Kirchen mitten auf dem Friedhof. Einheimische nehmen darauf Rücksicht. Bei Auswärtigen könnte es hingegen schon passieren, dass eine Sektbar dort aufgebaut wird.

    Trotzdem machen Sie Ausnahmen?

    Guggenberger: Die Frage ist: Hat ein Auswärtiger die Kapelle Tiefenbach im Internet entdeckt und findet sie "schnuckelig", oder aber ist Tiefenbach für den eigenen Lebensweg von Bedeutung? Hat sich ein Paar in Tiefenbach kennengelernt und kehrt zum Heiraten hierher zurück, mache ich natürlich eine Ausnahme.

    Ist es für einen Pfarrer schwierig, Urlauber zu trauen, die er kaum kennt?

    Guggenberger: Mir ist ganz wichtig, sofort selbst - zumindest telefonisch - mit den Brautleuten zu sprechen. Dabei geht es gleich um persönliche Fragen, um zu sehen, ob die beiden überhaupt heiraten können oder ob Hindernisse im Weg stehen. Ich erkläre auch: Der formale Teil muss in der Heimatpfarrei eingefädelt werden; die eigentliche Gottesdienstplanung geschieht in Oberstdorf.

    Worauf legen Sie dabei Wert?

    Guggenberger: Bei einer Hochzeit müssen sich alle Drei wohlfühlen: die Braut, der Bräutigam und der Pfarrer. Die Kirche sollte nicht als Behörde auftreten. Schließlich geht es um ein Sakrament, ein religiöses Geschehen. Man muss eine gemeinsame Wellenlänge finden - das ist oft eine Gratwanderung und macht gerade deshalb Spaß.

    Natürlich habe ich nichts gegen ein weltliches Lied im Gottesdienst, das den Brautleuten wichtig ist.Aber zur Eucharistiefeier sollte die Musik passen. Auch bei der Auswahl der Texte ist es wichtig, nicht etwa einen der Partner zu überfordern. Teils sind bis zu zehn Kontakte im Vorfeld nötig - eine Hochzeit ist immer ein intensiver Weg.

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