Der Albtraum eines jeden Patienten, der operiert werden muss: Er erwacht aus der Narkose - und es ist etwas schief gegangen. Schlagzeilen von Chirurgen, die das falsche Bein amputieren, gibt es immer wieder. Von den tausenden Eingriffen, die im Raum Kaufbeuren/Ostallgäu jährlich statt finden, verlaufen zwar die allermeisten fehlerfrei. Aber die AOK-Direktion Kaufbeuren/Ostallgäu, bei der immerhin die Hälfte aller Menschen in unserer Region versichert ist, registriert trotzdem Behandlungsfehler. Hier einige Beispiele: So operierte ein Münchner Arzt bei einem Patienten aus unserer Region den falschen Lendenwirbel. Bei einem anderen Eingriff in den Bauchraum wurde ein Bauchtuch vergessen. Einem weiteren Patienten durchtrennte der Operateur den Harnleiter.
Registriert wurde auch ein nicht erkannter Knochenbruch - trotz entsprechender Diagnostik etwa mittels Röntgengerät. Fatal in einem Fall war das fehlerhafte Kürzen eines zu langen Beines. Nicht als ärztlicher, aber als pflegerischer Fehler galt das Entstehen eines Druckgeschwüres (Dekubitus). Ein Zahnarzt wiederum erkannte laut AOK eine Parodontose nicht, mit der Folge, dass bei einem Patienten die Zähne ausfielen. Tragisch war auch der Brustkrebs einer Frau, der vier Jahre nicht erkannt wurde. Im Jahr 2000 führte die AOK das so genannte "Behandlungsfehlermanagement" für ihre Patienten ein. Das heißt: Wer meint, falsch behandelt worden zu sein, kann sich an die jeweilige, für ihn zuständige AOK-Stelle wenden. Derzeit liegen laut Lothar Nitz von der hiesigen AOK 50 Fälle von vermuteten Behandlungsfehlern vor. "Wenn unsere Versicherten mit einem solchen Fall kommen, stehen wir helfend zur Seite", so Nitz. Die AOK - und in der Regel andere Krankenkassen auch - leiten die Angelegenheit dann an den MDK, den Medizinischen der Krankenkassen, weiter. Dieser kann ein Gutachten anfertigen lassen. Das Verfahren, ob ein Fall anerkannt wird, kann teils mehrere Jahre dauern. "Die Beweislast liegt hier beim Patienten", so Josef Bauer, Direktor der AOK Kaufbeuren/Ostallgäu. Oft werden Gutachten auch von der Gegenseite angefertigt. Schiedsstelle ist letztlich, kommt es zu keiner Einigung, das Gericht.
"Das Schmerzensgeld muss der Patient zivilrechtlich einklagen", so Nitz. "Wir helfen aber dabei." Das Ganze nutze auch der AOK: Wird ein Behandlungsfehler anerkannt, erhält der Patient gegebenenfalls sein Schmerzensgeld - und der Kasse werden die Behandlungskosten zurückerstattet. Der AOK gehe es nicht in erster Linie um die Suche nach dem Schuldigen, so Direktor Bauer. Oberstes Ziel sei es letztlich, aus Fehlern zu lernen.