Kempten(bec). - Wer kennt diese Situation nicht? Erst wälzt man sich ewig im Bett und hat sich der Schlaf dann endlich eingestellt, ist er nur von kurzer Dauer. Rund zehn Prozent der Deutschen haben diese Schlafstörung (Insomnie) regelmäßig, 50 Prozent leiden zeitweise darunter. Beim Insomnie-Kurs des Klinikums Kempten-Oberallgäu wird Menschen mit solchen Problemen geholfen. 'Schlafrestriktion' (Schlafentzug) ist der Name der Therapie, die Schlaflabor-Leiter Dr. Manfred Held anwendet. 'Darunter leide ich seit fast 30 Jahren', sagt eine 62-jährige Kursteilnehmerin: 'Entweder kann ich gar nicht schlafen oder ich wache nach kurzer Zeit wieder auf.' Sie habe das Problem lange mit Tabletten bekämpft, eine andere Leidensgenossin greift in schlaflosen Nächten zum Bügeleisen oder putzt aus der Not heraus ihr Silberbesteck. Dass die Betroffenen künftig ganz ohne Medikamente auskommen und keine Schäfchen mehr zählen müssen, ist für Held Ziel der Therapie: 'Schlaftabletten haben wie Drogen ein Suchtpotenzial. Um Entzugserscheinungen zu vermeiden, kann man die Tabletten nicht von einem Tag auf den anderen absetzen.' Vor Beginn der Therapie räumt Dr. Held mit einigen 'Schlafmärchen' auf: 'Es kommt nicht auf die Schlaflänge an, sondern auf die Qualität.' Wichtig sei, nach dem Schlafen gut erholt zu sein. 'Man kann sich durch wenig oder schlechten Schlaf nicht schädigen, der Körper holt sich, was er braucht.' Um einen Anhaltspunkt für die Therapie zu haben, erstellten die Teilnehmer über eine Woche ein Schlafprotokoll, aus dem sich die Schlafeffizienz errechnen lässt. 'Die liegt normaler Weise bei 90 bis 95 Prozent', erklärt Held.
Sie errechnet sich, indem man die Schlafdauer (in Minuten) durch die Bett-Liege-Zeit dividiert. Bei den Insomnie-Kurslern sei die Schlafeffizienz teils alarmierend: '42 oder 64 Prozent sind zu wenig. 85 Prozent sollten wir erreichen.' Wie schafft man es, durch Schlafentzug besser zu schlafen? 'Man gibt dem Körper nur eine kurze Zeit zum Schlafen, die man möglichst sozialverträglich wählt', erklärt Held. Die Aufwachzeit sei der Fixpunkt. Wenn der Körper konsequent nur zu einer bestimmten Zeit schlafen darf, stellt er sich nach einer Phase der Gewöhnung darauf ein und wählt zudem einen möglichst tiefen Schlaf. Die Schlafeffizienz, die wöchentlich errechnet wird, gebe das Schlaffenster für die nächste Woche vor. 'Nach vier bis sechs Wochen sollte man einen Effekt sehen.'. Wie der Arzt sagt, sei die Therapie, die er mit den Schlaflabor-Schwestern Christine Kellner und Rosemarie Martin leitet, nicht für jeden das Universalrezept. 'Das ist wie bei Medikamenten. Die helfen auch nicht jedem.' Zudem sei die Methode anfangs sehr hart, aber 'sie stellt auf jeden Fall eine alternative Behandlung zu Tabletten dar'. Und die meisten von denen, die die Therapie durchgezogen haben, seien sehr positiv überrascht gewesen. i Der nächste Insomnie-Kurs startet am Freitag, 11. April, um 17 Uhr im Klinikum Memminger Straße. Anmeldungen im Schlaflabor unter (0831) 5302336.