Seit September 2009 ist die neue B19 zwischen Waltenhofen und Immenstadt befahrbar. Das Mammutprojekt, das insgesamt 100 Millionen Euro verschlungen hat, lässt den Verkehr endlich rollen. Auf der alten Strecke kam es vor allem am Bahnübergang in Thanners immer wieder zu Staus.
Diese Zeiten sind vorbei. Durch die neue Brücke, die gerade am Bahnübergang Thanners entsteht, soll der Verkehr bald sogar noch besser fließen. Doch weniger Staus und Lärm bedeutet gleichzeitig auch weniger potenzielle Käufer und damit Einnahmen für die anliegenden Unternehmen. Das stellt auch Erna Neuss, Geschäftsführerin der gleichnamigen Wohnmobilausstellung in Thanners, fest: "Wir haben seitdem jährlich etwa 5000 Euro Einbußen, was den Zubehör-Verkauf betrifft. Ganz einfach, weil es weniger Publikumsverkehr gibt." Außerdem fehle an der neuen Strecke aus Richtung Immenstadt immer noch ein Ausfahrtsschild "Thanners".
"Viele Leute verirren sich und finden nicht mehr zu uns", meint Neuss. Das Schild hätten sie zwar schon beantragt, bisher sei aber noch nichts passiert. Auf der anderen Seite habe die neue Bundesstraße aber auch viele Vorteile: "Man kann sich besser mit den Kunden im Innenhof unterhalten, weil es weniger Lärm gibt." Und auch die Verschmutzung an den Wohnmobilen habe abgenommen.
Diese Vorteile spürt auch Bernhard Dressel vom "Haxenwirt" in Thanners: "Wir viele Übernachtungsgäste zurückgewonnen, und auch der Biergarten ist wieder voller." Der Durchgangstourismus falle seit der Eröffnung der neuen B19 zwar weg, Dressel hat durch einen rechtzeitigen Umbau seiner Wirtschaft zum "Erlebnisgasthaus" aber rechtzeitig darauf reagiert: "Das hat das Meiste aufgefangen, denn jetzt kommen die Leute gezielt zu uns.
" Wegen des fehlenden Durchgangstourismus, wird auch noch der Kiosk, der momentan auf dem Parkplatz des Gasthofes steht, Richtung Werdensteiner Moos verlegt. Die beiden Hütten unterhalb des Parkplatzes an der neuen Straße, sollen bald eröffnet werden. Was dort hinein kommt, sagt Dressel noch nicht. Der Gasthof Kreuz in Seifen dagegen ist schon seit über zwei Jahren geschlossen. Das habe aber eher mit dem allgemeinen Sterben von kleinen Gasthöfen zu tun als mit der B19, meint Nachbar Engelbert Rinderle. Bei ihrer Baumschule in Zellers sei der Umsatz leicht zurückgegangen, gibt Diana de Padova an. Ob die Entwicklungtatsächlich an der neuen B19 liegt, könne sie noch nicht sagen. Dafür gebe es die Straße noch nicht lange genug.
Was de Padova allerdings feststellt ist, dass die Baumschule seitdem mehr Werbung machen müsse: "Dadurch, dass nicht mehr so viele Auto vorbeifahren, gerät man schnell in Vergessenheit. Viele wissen nicht, dass es unser Geschäft gibt."
Am Härtesten traf die neue Straßenführung wohl die Agip Tankstelle in Stein. "Im ersten Monat ging der Spritverkauf gewaltig zurück. Dann wurde es langsam wieder besser", sagt die ehemalige Pächterin Angelika Schmidt. Geschlossen wurde die Tankstelle trotzdem. Besser läuft dagegen die Agip Tankstelle in Zellers. Kurz nach Eröffnung der neuen B19 seien die Einnahmen stark gesunken, so Stationsleiter Charlie Fischer. "Nach etwa sechs Monaten ging es dann wieder bergauf. Mittlerweile sind wir fast wieder auf dem gleichen Stand wie zuvor.
" Dass es dort so gut laufe, liege vor allem an den zahlreichen Gewerbebetrieben in der Nähe. "Viele Angestellte von Bosch und dem Logistik-Zentrum Allgäu tanken bei uns."
Seit der Verkehr auf der neuen B19 rollt, fehlen bei der Wohnmobilausstellung Neuss in Thanners (links) zwar zufällig vorbeifahrenden Kunden, dafür kommen die Leute jetzt gezielt. Auch die Tankstelle in Zellers (rechts) verkraftet die neue Situation gut. Der Gasthof Kreuz in Seifen (Mitte) ist dagegen schon seit längerer Zeit geschlossen. Fotos: Charly Höpfl