Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Wem gehört der Meteorit Neuschwanstein?

Allgäu

Wem gehört der Meteorit Neuschwanstein?

    • |
    • |

    Von Peter Szarafinski Reutte/Augsburg (sza). Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten: Wem gehört, was unverhofft vom Himmel fällt? Noch dazu, wenn es sich um etwas Außerirdisches handelt? Vor dem Landgericht Augsburg klagt die Tiroler Gemeinde Reutte, um auch etwas von dem Meteoriten zu bekommen, den ein Physiker aus Nordendorf nach systematischer Suche auf ihrem Gemeindegebiet gefunden hat. Es handelt sich dabei um das größte der bisher gefundenen drei Stücke des Neuschwanstein-Meteoriten, der im April 2002 in der Umgebung des Märchenschlosses eingeschlagen ist.

    Der Finder, der Physiker Dr. Karl Wimmer, kennt die Gegend gut vom Bergsteigen. Aber mit Himmelskörpern hatte er zuvor wenig zu tun. Ihn reizte die Aufgabe, anhand der dokumentierten Beobachtungen die genaue Einschlagstelle eines der Bruchstücke des Meteoriten zu berechnen. Die Suche nach den Trümmern dauerte in dem unzugänglichen Gelände 'relativ viele Wochenenden', so Wimmer. Nur 120 Meter neben dem kalkulierten Ort wurde er fündig.

    Der 2,84 Kilogramm schwere Meteorit ist ungewöhnlich. Zum einen handelt es sich um einen sehr seltener Enstatit-Chondrit, zum anderen ist seine Flugbahn gut dokumentiert. Während die meisten Meteoriten einfach nur am Erdboden gefunden werden, gibt es hier eine ausführliche 'Fall-Geschichte'. Daraus lässt sich Wimmer zufolge der Weg von 'Neuschwanstein' durchs Weltall rekonstruieren, was bisher nur bei vielleicht einem halben Dutzend Meteoriten möglich gewesen sei. Nach Berechnungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt war der ursprüngliche Meteorit 'Neuschwanstein' rund 300 Kilogramm schwer. Etwa 20 Kilogramm davon dürften in Fragmenten das Verglühen in der Atmosphäre überstanden haben. Abzüglich der drei Funde sollten also noch 14 Kilo irgendwo im Ammergebirge liegen.

    Aber wem gehören denn nun die Brocken aus dem Weltall? Dafür gibt es keine klaren Regelungen. Anlässlich der beiden anderen Trümmer, die auf bayerischem Territorium gefunden wurden, erschien 2003 in der vom bayerischen Wissenschaftsministerium herausgegebenen Zeitschrift 'Aviso' eine juristische Abhandlung, die die Eigentumsverhältnisse an einer ganzen Reihe von Gesetzen abarbeitet. Das beginnt mit der Feststellung, dass es sich bei dem Meteorit um eine herrenlose Sache handelt (Weltraumvertrag), die keine 'wildwachsende Waldfrucht' (nach dem Bayerisches Naturschutzgesetz) und auch kein Denkmal (nach dem Denkmalschutzgesetz) ist. Zwar habe der Freistaat die 'faktische Sachherrschaft' gehabt, weil der Himmelskörper auf seinem Grund niedergegangen ist (Bürgerliches Gesetzbuch), aber mangels erkennbarer Willensäußerung keinen Besitzerwerb vollzogen. Es handele sich auch nicht um eine Fundsache, denn gefunden könne nur etwas werden, was vorher verloren wurde. Und verlieren kann man etwas nur, wenn es einem gehört. Das war aber beim Meteorit eben nicht der Fall.

    Einen Fund ohne Eigentümer gibt es aber beim Schatzfund. Nach 'umstrittener, aber wohl herrschender Meinung' könne der entsprechende Paragraph analog auch auf 'herrenlose Sachen von wissenschaftlichem Wert' angewandt werden, heißt es in der Zeitschrift. Und damit hat der Grundeigentümer Anspruch auf die Hälfte des Weltraum-Schatzes. Das war dann auch die offizielle Meinung des Freistaats. Neuschwanstein-1 landete im Rieskrater-Museum in Nördlingen,

    Neuschwanstein-2 wurde - gemäß dem geteilten Eigentum von Finder und Freistaat - in zwei Hälften geschnitten. Eine gerichtliche Auseinandersetzung gab es darüber nicht.

    Das Konstrukt mit dem Schatzfund will auch die Gemeinde Reutte nutzen. Ihr Anwalt Ulrich Baur verlangt die Hälfte des Himmelskörpers. Wimmer hält davon erwartungsgemäß wenig. Geteiltes Eigentum bremse die Wissenschaft und entmutige künftige Finder. Das Urteil wird am Freitag gesprochen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden