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Weit mehr als nur Musik

Bläserklasse

Weit mehr als nur Musik

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    Weit mehr als nur Musik
    Weit mehr als nur Musik Foto: matthias becker

    Seit vier Jahren gibt es an der Hauptschule (inzwischen Mittelschule) Lindenberg eine Bläserklasse. Nachdem im ersten Durchgang eine gesamte fünfte Klasse mit Artur Tronsberg den Musikunterricht begann, läuft das Projekt jetzt in etwas abgespeckter Form weiter: 18 Buben und Mädchen aus zwei Klassen treffen sich regelmäßig zum Musikmachen. Den Instrumentalunterricht für die Schüler zu finanzieren, ist nicht ganz einfach. Trotzdem verspricht Rektor Gerhard Hoffmann: "Die Bläserklasse soll eine feste Einrichtung bleiben, solange Interesse da ist."

    Eine ordentliche Portion Idealismus musste Artur Tronsberg schon mitbringen, als er im Herbst 2007 die erste Lindenberger Bläserklasse übernahm. Der Musiklehrer, der auch Dirigent von Lindenberger Stadtkapelle und Jugendkapelle ist, hat es im Unterricht an der Sing- und Musikschule Lindenberg normalerweise überwiegend mit Gymnasiasten und Realschülern zu tun. In Einzelunterricht oder kleinen Gruppen erlernen diese ihr Instrument, gefördert und unterstützt von ihren Eltern.

    Eine Klasse von 28 Buben und Mädchen mit keinerlei musikalischen Grundkenntnissen zu einem Orchester zu formen, war dagegen eine besondere Herausforderung. Tronsberg vermittelte ihnen Ansatz, Grifftechnik und Zusammenspiel. "Die Geheimschrift Noten haben sie beim Tun gelernt", sagt er. Gleichzeitig erfuhren die Kinder, wie wichtig das Aufeinanderhören ist.

    Und dass es ohne Disziplin nicht geht. Um diese zu entwickeln, griffen Tronsberg und Klassenlehrer Vinzenz Pickenhan zuweilen hart durch. Wer im Musikunterricht dazwischenspielte, musste sein Instrument einpacken - und die Stunde zuhörend absitzen. Artur Tronsberg war selbst überrascht, wie schnell das Klassenorchester die Regeln verinnerlichte. "Da laufen die Proben in der Stadtkapelle oft chaotischer ab."

    15000 Euro investierte der Schulverband in die Instrumente, die die Schüler für einen Obolus von zehn Euro pro Monat ausleihen können. Manchen Eltern ist auch das zu viel. Schulleiter Hoffmann tut trotzdem alles, um jedem Kind, das teilnehmen möchte, den Musikunterricht zu ermöglichen.

    Denn was die Jugendlichen hier lernen, ist weit mehr als nur Musik. Manche erleben in den zwei bis drei wöchentlichen Musikstunden zum ersten Mal, dass sie etwas leisten können. Sie erfahren bei einem Auftritt Anerkennung durch das Publikum. Vor allem aber, so Klassenlehrer Pickenhan, veränderte der Musikunterricht das Klima in der Klasse. "Das gibt ein echtes Wir-Gefühl: Wir haben einen Auftritt." Irgendwann hieß es sogar: "Wir fahren zum Landtag", als Landtagsabgeordnete Heidi Lück (SPD) sie ins Maximilianeum einlud, wo es sogar einen Auftritt gab.

    Die Folge des musikalischen Zusammenspiels beschreibt Pickenhan so: "Das Sozialgefüge wurde gestärkt, die Aggressionen wurden weniger und das Lernklima hat sich verbessert." Einzelne Kinder mit Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom hätten sogar etwas mehr Selbstkontrolle entwickelt.

    Nach zwei Jahren haben sich die Buben und Mädchen der ersten Bläserklasse in verschiedene Unterrichtszüge aufgeteilt. In der 7. Jahrgangsstufe wurde das kleine Orchester in reduziertem Umfang weitergeführt, parallel dazu gab es eine freiwillige Bläsergruppe von zehn Schülern. Einzelne der jungen Musikantinnen und Musikanten haben sich inzwischen selbst Instrumente zugelegt, einige spielen in der Jugendkapelle der Stadtkapelle mit.

    Mit Beginn des Schuljahrs 2010/2011 hat Artur Tronsberg ein neues Bläserensemble aus Fünftklässern aus der Taufe gehoben. Diesesmal konnte keine reine Bläserklasse gebildet werden, das 18-köpfige Orchester rekrutiert sich deshalb aus zwei Klassen.

    Idealismus für die Aufgabe braucht der stellvertretende Leiter der Sing- und Musikschule für seine Aufgabe in der Mittelschule weiterhin. Denn bezahlt wird er nicht entsprechend seiner fachlichen Qualifikation, sondern "etwa in der Höhe einer Hausaufgabenhilfe". (ins)

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