Kempten (sf). - Einkaufen rund um die Uhr? Wohl nicht in Kempten. Auch wenn der Ladenschluss unter der Woche komplett fallen würde, glaubt der örtliche Handel nicht daran, dass die Geschäfte von Montag bis Samstag nonstop offen sind. 'Weil das keiner bezahlen kann', ist die einhellige Ansicht. Nach Nordrhein-Westfalen überlegt auch die Bayerische Staatsregierung, den Ladenschluss ab nächstem Jahr weiter frei zu geben (wir berichteten). Die Maximallösung wäre, dass die Geschäfte von Montag bis Samstag an jedem Werktag 24 Stunden geöffnet bleiben dürften. Nur bei Sonn- und Feiertage soll alles beim alten bleiben.'Grundsätzlich' würde er diese Liberalisierung begrüßen, meint der Sprecher des Einzelhandelsverbands Kempten, Rüdiger Mayer. Denn sie eröffneten dem Händler die Freiheit zu kreativen Aktionen. Mayer: 'Die werden aber die Ausnahme bilden und sich auf einzelne Veranstaltungen beschränken.' Als Beispiele nennt er nächtliches Einkaufen in der Museumsnacht oder zur Festwoche. Die Kernöffnungszeiten in Kempten von 10 bis 19 Uhr 'werden aber bestehen bleiben'.
Zu Lasten der kleinen Betriebe?Dagegen erwartet Dr. Richard Schießl, Leiter des Amts für Wirtschaftsförderung, Probleme durch eine weitere Liberalisierung: 'Die großen Betriebe werden das nutzen und das geht zu Lasten der kleineren Familienunternehmen', befürchtet er. Denn es gebe immer Leute, die zu den Randzeiten einkaufen wollten. Was sagt der Familienbetrieb dazu? 'Die Kernzeiten einzuhalten, ist viel wichtiger', sieht Albert Ade, Inhaber des gleichnamigen Uhren- und Schmuckgeschäfts, einer Freigabe des Ladenschlusses 'gelassen' entgegen: 'Je länger man auf hat, desto höher sind die Kosten - da verdient keiner dran.' Außer ein Händler verzichte auf Service und Beratung. Da mache er aber nicht mit: 'Der Trend geht wieder weg von billig und hin zu Qualität.''Unsere Öffnungszeiten kommen bei den Kunden gut an, deshalb werden wir sie nach derzeitigem Stand behalten', sagt auch der Centermanager des Forum Allgäu, Oliver Kraft. Damit werde das Forum weiterhin um 20 Uhr schließen - 'vorausgesetzt die Wettbewerber vor Ort weiten nicht aus'. Das ganze sei eben eine Frage von Nutzen und Kosten. Allerdings schloss Kraft nicht aus, dass das Forum zu besonderen Gelegenheiten einen Mitternachts-Einkauf anbiete. Und dann sei es am besten, die anderen Geschäfte in Kempten hätten ebenfalls offen. Vehement gegen eine weitere Liberalisierung des Ladenschlusses spricht sich die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) aus. 'Das würde das ganze soziale Gefüge zerstören und geht zu Lasten der Familie', sagt Vorsitzende Erna-Kathrein Groll. Sollten die Läden 24 Stunden offen sein dürfen, 'fällt als nächstes der Sonntag', befürchtet sie.'Seit die Öffnungszeiten verlängert wurden, sind immer mehr Arbeitsplätze weggefallen', erklärt Verdi-Bezirksgeschäftsführer Christian Betz. Sollte das so weiter gehen, 'stirbt der Arbeitsschutz für die Angestellten'. Dabei, so Betz, gebe es beispielsweise im Allgäu keinerlei Bedarf dafür, nach 20 Uhr offen zu halten.