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Wegen Hitler-Kritik verhaftet und mit Arsen vergiftet

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Wegen Hitler-Kritik verhaftet und mit Arsen vergiftet

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    Martin Mayrock aus Memmingen zum Märtyrer ernannt. Von Ralf Lienert Memmingen Der Schirmmacher Martin Mayrock starb am 23. Juni 1944 in seiner Heimatstadt Memmingen. Der Vorsitzende der Arbeitervereine Mittelschwabens stand seit 1939 unter polizeilicher Aufsicht und wurde 1943 wegen antifaschistischer Aussagen verurteilt und im Gefängnis mit Arsen vergiftet. Jetzt zählt ihn die Deutsche Bischofskonfernz zum Kreis der Märtyrer des 20. Jahrhunderts.

    Der Arbeitersohn kam am 10. Januar 1884 in Memmingen zur Welt. Früh fand er den Weg in Kirche St. Johann Baptist und das katholische Vereinshaus. Sein Geld verdiente er zunächst als Hilfsarbeiter und als Melker bei Bauern.

    Bereits mit 22 Jahren gründete er eine Familie, um den ärmlichen Verhältnissen zu entfliehen. 1906 heiratete er eine elf Jahre ältere Witwe mit vier Kindern. Nach dem Ersten Weltkrieg, den er als einfacher Soldat mitmachte, begann er in Memmingen eine kleine Schirmmacherei, die später zur Allgäuer Schirmfabrik avancierte. Die Stadt kam ihm damals entgegen, indem sie ihm für den Fronteinsatz das Bürgerrecht kostenlos verlieh.

    Die Familie wuchs bald auf insgesamt 16 Kinder an. 'Seine Freizeit gehörte ganz der Familie, der Kirche und den katholischen Vereinen', erklärt sein Sohn Martin Mayrock junior. Im Laufe der Jahre wurde der Schirmmacher Vorstand der christlichen Gewerkschaft, des katholischen Arbeitervereins und des Zentralverabndes der Memminger Katholiken.

    Als Stadtrat und Mitlgied der Bayerischen Volkspartei kämpfte er schon früh gegen die NSDAP und wurde rasch zu einem Gegenspieler des späteren Kreisleiters, Rechtsanwalt Wilhelm Schwarz. Mayrock regte die Schaffung einer örtlichen Siedlung für minderbemittelte Memminger Bürger an.

    Nach der NS-Machtübernahme 1933 wurde Mayrock zwei Wochen in Schutzhaft genommen. Anschließend zog er sich aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit zurück und lebte nurmehr für Familieund Kirche. 1937 wurde ein Verfahren wegen negativer Äußerungen gegen den Bund Deutscher Mädel angestrengt, verlief aber im Sande.

    Martin Mayrock, der täglich die Heilige Messe besuchte, bemühte sich um die Unterstützung zahlreicher Juden in Memmingen und setzte sich für den Bau der späteren St. Josephs-Pfarrkirche ein. Er nahm im August 1943 die Entwicklung mit dem Faschismus in Italien zum Anlaß, um ein rasches Ende des deutschen Nationalsozialismus zu prophezeihen. Doch diese Aussage wurde prompt dem Kreisleiter gemeldet, der Mayrock am 18. August verhaften ließ.

    Die Anklage lautete Wehrkraftzersetzung und führte in der Verhandlung am 10. Januar 1944 zu drei Jahren Zuchthaus. Die Aufregungen um Verhaftungund Verurteilung des Ehemannes dürften nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, daß die Ehefrau am 31. Mai 1944 verstarb.

    Häuflein Elend

    Ohne einen Grund zu nennen, wurde Mayrock kurzfristig aus dem Zuchthaus Amberg entlassen und kam als 'Häuflein Elend' auf dem Memminger Bahnhof an. Dort eröffenten die Angehörigen ihm die Todesnachricvht, steckten ihn in Trauerkleider und schleppten den physisch und psychisch Geschwächten zum Friedhof.

    Ein Memminger Arzt stellte anschließend bei dem zum Skelett abgemagerten Mayrock eine Arsenvergiftung fest und erwirkte einen Haftaufschub bis zu Genesung. Noch im Angesicht des Todes vergab Mayrock seinen Peinigern und starb nach Empfang der Sterbesakramente am 23. Juni 1944.

    Die Stadt Memmingen benannte bereits 1972 eine Straße nach dem Christen.

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