Öffentliche Krankenhäuser und private Kliniken im Allgäu leisten sich heute oft noch eine eigene Großküche, in der täglich frisch gekocht wird. Dabei sind die Küchenchefs aber häufig einem hohen Preisdruck ausgesetzt. Das Budget pro Patient und Tag, das im Allgäu zwischen 4 und 6 Euro Warenwert schwankt (siehe Infokasten), ist der Richtwert, an den sich der Einkauf halten muss. Die Küchenchefs greifen dabei ebenso auf Zutaten aus der Region zurück wie auf Großhändler, die ihre Waren international beziehen und bei Großbestellungen Rabatte und Festpreise anbieten.
Garen - kühlen - erhitzen
Die Kliniken Oberallgäu (Kempten, Sonthofen, Oberstdorf, Immenstadt) betreiben keine eigene Küche. Trotzdem werden beispielsweise Molkereiprodukte bei Allgäuland, Rindfleisch bei Feneberg und Getränke beim Allgäuer Brauhaus vom Caterer Menü Service Allgäu (MSA) bezogen. Christian Wucherer von der Pressestelle der Kliniken, die selbst an MSA beteiligt sind: "Wir wollen so das Geld, das wir mit unseren Patienten verdienen, wieder an die Region zurückgeben." MSA bedient sich eines sogenannten "Cook & Chill"-Verfahrens. Das heißt, dass die Speisen nach dem Garen schnell gekühlt und erst vor der Ausgabe auf Verzehrtemperatur erwärmt werden.
Gerade das will der Küchenchef der privaten Fachklinik Allgäu in Pfronten nicht für seine Gäste. "Das Essen kommt manchmal nicht so gut daher. Ich möchte erhobenen Hauptes über den Klinikgang laufen", sagt Georg Hipp. Speisen müssten frisch zubereitet werden. Bei fast 6 Euro Budget pro Patient und Tag und einer eigenen Küche kann er das auch leisten. Bei den Zutaten greift er so auf Marken zurück, bei denen er die Qualität kennt. Darum bezieht er etwa Molkereiprodukte von Allgäuland. Wurst kommt von der Metzgerei Baur aus Ronsberg. Und Fleisch vom Germaringer Metzger Nocker. Die Grundversorgung lässt sich Hipp aber von bundesweit agierenden Großverbrauchermärkten wie Rewe liefern.
Kein à la carte-Menü
Von dem ausgeklügelten Rabattsystem der Rewe ist Michael Koslitz, Küchenleiter im Memminger Krankenhaus, überzeugt. Die "Rabattrückvergütung" am Ende des Jahres von etwa 20000 Euro für das Bestellen im Internet und saisonale Angebote nimmt er gerne mit. Dafür leistet sich die Großküche einen eigenen Metzger, der etwa den Leberkäse selbst macht. Etwa 5000 Kilo Rindfleisch, 22000 Liter Milch und 300000 Semmeln passieren die Klinikküche pro Jahr. Die Patienten könnten ihre Mahlzeiten individuell zusammenstellen. Was es für die Kalkulation nicht einfacher mache. Koslitz meint dabei, dass man Krankenhausessen aber nicht mit einem à la carte-Menü im Restaurant vergleichen kann. Immer mehr Patienten würden das erwarten. Der Spagat sei bei etwa 800 Mittagessen pro Tag schwer zu schaffen. Beim Einkauf bezieht Koslitz regionale Zulieferer ein, muss aber Kompromisse eingehen.
"Ich kann natürlich nicht den ganzen Winter Weißkraut machen. Und das beste Fleisch nützt nichts, wenn man es nicht frisch und ordentlich zubereitet." So ist er auch mit Molkereiprodukten von außerhalb des Allgäus zufrieden.
Zufrieden mit dem Essen (Schulnote 2,1) waren 140 Personen bei der jüngsten Patientenbefragung der Kliniken Ostallgäu (mit Kaufbeuren, Buchloe, Marktoberdorf, Obergünzburg - ohne Füssen, das Haus unterhält eine eigene Küche). Hauswirtschaftsleiterin Birgit Habersaat bezieht 80 Prozent der Lebensmittel für die Klinikküche Kaufbeuren aus der Region, das heißt mit Postleitzahlenbereich 8786 auf der Rechnung.
Freie Bahn für den Warenverkehr
Dabei sind Habersaat die kurzen Lieferwege wichtig: "So können wir schnell nachordern." Zulieferer wie Rewe, die lediglich Lager im Allgäu haben, und ihre Waren international beziehen, fallen auch darunter. Die Klinikküchen haben als eigene GmbH selbst die Freiheit, ihre Zulieferer zu wählen. Unter diese Freiheit fallen auch Milchprodukte. Sie werden von einem Lieferanten aus der Hallertau bezogen. "Viele Bauern hier können für rund 1000 Essen am Tag gar nicht liefern."