Waltraud Funk stellt ihre neuen Werke auch mal auf den Kopf, pflanzt diesen beispielsweise tief ins Wiesengrün ein und lässt ebenso fein wie hölzern modellierte Beine sich gen Himmel recken. Ohne dabei schon wieder den 'Kopf' als Sitz der ewigen Ratio bemühen zu wollen, spricht sie von einem 'dringend nötigen Perspektivwechsel', einem Ausbruch aus den standardisierten Koordinaten, aus den Konventionen. Ein plastisch gewordener Gefühlsausbruch.
Zahlreiche Besucher bahnten sich beim Offenen Atelier 'kopfüber', zu dem die Bildhauerin in die Montfortstraße 4 in Immenstadt geladen hatte, ihren Weg durch den Schnee in einen weißen Raum nebst Werkstatt, um bei Früchtepunsch und Gebäck Funks aktuellem Schaffen nachzuspüren.
Sie wurden sichtlich nicht enttäuscht, denn zu spüren gab es viel: So kurios es einem zunächst vorkommen mag, dass die Dinge auf dem Kopf stehen, so befreiend und fast schon komisch werden die Objekte, wenn man sie in ihrer etwas festgefahrenen Lage sieht. Der Kopfstand wird zu einer Art Anlauf für den Sprung ins Ungewisse – den Umbruch, das Neue, den Neubeginn.
Mit viel Gespür ist es Waltraud Funk gelungen, dieses Gefühl der Befreiung ihren Werken einzuhauchen, egal ob es sich dabei um farbig bearbeitete Skulpturen in Holz oder Zeichnungen auf Sperrholz, Transparent-, Foto- und Packpapier handelt.
'Metamorphosen' ist ein weiterer Begriff, den die Künstlerin in ihren Arbeiten erkundet: eine Vision, eine Sehnsucht, der Traum vom Fliegen, Schweben, vom Ausschlüpfen aus der begrenzenden Hülle 'Mensch', vom absichtslosen Sein. Gerade in der Gestalt der Pflanzenwelt findet sie diese Auflösung der 'Conditio Humana', dieses tiefe Loslassen vom Gestern und Heute zugunsten des Hier und Jetzt.
Das Schönste dabei: 'Meine Werke sollen Schönheit versprühen und werden nicht von der Last des eigenen Mahnens erdrückt', sagt die Künstlerin. Man wolle sich gerne so ein verdrehtes Kerlchen ins Fenster stellen, damit es einen daran erinnert, dass es meist nicht die Welt ist, die kopfsteht, sondern man selbst. Und schon sei das Kunstwerk lebendig gewordene Lebenshilfe und kein Staub fangendes Artefakt mehr.