Das war wirklich großes Theater, was die etwa 100 Zuschauer im Hof von Schloss Hohenschwangau zu sehen bekamen. "Othello", ein wahrer Klassiker aus der Feder des englischen Dramatikers William Shakespeare, wurde ihnen vom "TNT theatre Britain" und "The American Drama Group Europe" in der englischen Originalsprache des 16. beziehungsweise 17. Jahrhunderts vorgetragen. Umringt vom majestätischen Gemäuer aus dem 19. Jahrhundert tauchte das Publikum so für rund zwei Stunden noch tiefer in die Vergangenheit ein und verfolgte eine - auch musikalisch sehr gelungene - brillante Vorstellung mit hervorragenden Darstellern in der Inszenierung von Paul Stebbings.
Während das Wetter an diesem lauen Abend eigentlich eher zu Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" passte, entzückten die englischen und US-amerikanischen Schauspieler mit einer großartigen Aufführung des dramatischen Intrigenstückes. Es geht um Liebe, Eifersucht, Machtgier, Stolz, Ehre, Vertrauen, Mord, Lug und Trug - allerlei menschliche Schwächen arbeitet der Dichter in seinem Werk auf. Darin entwickelt sich von Anfang an eine spannende Geschichte im mediterranen Ambiente der alten Stadtrepublik Venedig und Zyperns sowie vor dem Hintergrund der erbitterten Handelskonkurrenz zwischen der Großmacht aus dem Westen und dem türkischen Reich.
Professionelle Brillanz
Im Mittelpunkt steht der Offizier Iago, den David Chittenden - trotz ein, zwei winziger Versprecher vor der Pause - äußerst überzeugend, sozusagen als das personifizierte Böse verkörpert. Als hinterhältiger Strippenzieher will er sich an dem dunkelhäutigen General Othello (Eugene Washington) dafür rächen, dass dieser nicht ihn, sondern Cassio (Richard Ere) zum Leutnant befördert hat. Im Zuge dessen gelingt es Iago, mit perfiden gedanklichen Schachzügen ein geradezu teuflisches Komplott zu schmieden und ein skrupelloses Lügengebäude zu errichten, das aber schließlich doch zusammenbricht und die Wahrheit ans Licht bringt.
Mit professioneller Brillanz, die durch die perfekte Mimik und Gestik sowie den durchweg ausdrucksstarken sprachlichen Vortrag aller Darsteller dokumentiert wurde, agierte auch Holly Hinton als Othellos Ehefrau Desdemona. Ebenso Natalia Campbell als Iagos Frau Emilia sowie Cassios geliebte Bianca, Joel Sams als Iagos Kamerad Roderigo sowie Richard Clodfelter in der Rolle des Brabantino, des reichen Vaters von Desdemona - ohne Übertreibung grandios. Das war großes Theater, für das es denn auch begeisterten Applaus gab. (ale)