Von Jürgen Stöcker, Bezirk Reutte/Tirol - Wenn am kommenden Sonntag in Tirol die über 400 000 Wahlberechtigten ihre Bürger-meister und Kommunalparlamente neu wäh-len, dann dürfte das kleine Außerferner Feri-endorf Jungholz an der Grenze zum Oberallgäu wieder mal eine Sonderrolle spielen. Denn in der österreichischen Exklave, die deutsches Zollanschlussgebiet ist, leben mit 52 Prozent die meisten EU-Bürger ohne österreichische Nationalität. Nicht nur das: Diese Ausländer dürfen über die künftige Zusam-mensetzung des elfköpfigen Gemeinderats mitbestimmen und den Bürgermeister 'kü-ren'. Ebenfalls kurios: Fast die Hälfte der 22 Listenkandidaten in Jungholz besitzt über-wiegend einen deutschen Ausweis. Im alten Gemeinderat von Jungholz sitzt ein Sachse sowie die Tochter des ehemaligen Bürgermei-sters von Probstried im Oberallgäu. Lediglich der Posten des Gemeindechefs und seines Vertreters ist einem Österreicher vorbehalten. Und der Gewinner in Jungholz steht praktisch schon seit Wochen fest: Zum dritten Mal kandidiert der 48-jährige Bernhard Eggel. Wie die meisten seiner Kollegen übt der frühere Landtagsabgeordnete Eggel das Bürgermeisteramt ehrenamtlich aus und erhält dafür eine Aufwandsentschädigung von monatlich 1400 Euro brutto. Davon geht nicht nur rund die Hälfte für Steuern und Sozialversicherung weg. Während der 'Regierungszeit' entfallen zudem die im Hauptberuf erworbenen Pensionsansprüche bei Neulingen völlig. Schon länger dienende Gemeindechefs haben Pensionsabschläge von bis zu 30 Prozent hinzunehmen oder müssen auf das 65. Lebensjahr warten, falls sie vorzeitig in Rente gegangen sind.
Nicht attraktiver Diese neue Regelung mache das Bürgermeister-Amt nicht unbedingt attraktiver, heißt es in der Tiroler Presse. Denn der höchst mögliche monatliche 'Ehrensold' liegt bei Kommunen mit 8001 bis 10 000 Einwohnern bei rund 2000 Euro netto. Das allerdings sei nicht der Grund für den vielerorts bevorstehenden Wechsel an der Spitze der Gemeinden im Bezirk Reutte, berichtet der erfolgreiche Außerferner ÖVP-Politiker Eggel im Gespräch mit unserer Zeitung. Da es in Tirol anders als in Bayern (mit 65) keine Altersbegrenzung für die Wahlbewerbung gibt, hätten manche Rathaus-Chefs längst ihren 70. Geburtstag gefeiert. 54 Bürgermeister-Kandidaten (darunter nur drei Frauen) treten in den 37 Gemeinden des Außerferns (Bezirk Reutte) an. Hier sind von den 21 905 Wahlberechtigten die Frauen mit 11 241 dominierend. In den Außerferner Gemeinde-räten sind 419 Plätze zu vergeben. Spannung versprechen die Kommunalwahlen in Reutte. Sozialdemokrat Helmut Wiesenegg, seit sechs Jahren Bürgermeister der Marktgemeinde, hat nicht nur den ÖVP-Mann August Ihrenberger als Gegner. Darüber hinaus muss sich Wiesenegg mit einem Mann aus dem eigenen Lager 'schlagen': dem ehemaligen SP-Abgeordneten Günter Bußjäger. In Tannheim treffen die beiden mehr oder weniger konservativen Markus Eberle (als Amtsverteidiger) und Johann Gehring aufeinander,der sich für eine Fusion der örtlichen Tourismusverbände im Tannheimer Tal stark macht