Sauerteiganlage soll Bäcker entlasten Freizeitaspekt Kempten (dam). Wer sich jemals zu einer Fahrt in den Urlaub gegen 3 Uhr aus dem Bett gequält hat, weiß wahrscheinlich in etwa wie sich ein Bäcker jeden Morgen fühlt verdammt müde. Da wäre es dem Mann (oder Frau) doch herzlich gegönnt, wenigstens am Sonntag nach aller Lust ausspannen zu können. Doch selbst dies funktioniert für manchen der Zunft nicht. Jedenfalls, wenn der Bäcker für das Montagsbrot mit viel Aufwand einen Sauerteig herstellen muss: Denn der Teig verlangt nach Zuwendung. Und genau das ist der Punkt, an dem die Firma Hematronic ins Spiel kommt.
Das Unternehmen aus Waltenhofen /Hegge bei Kempten stellt für kleine und mittlere Bäckereibetriebe Sauerteiganlagen her und eines der stärksten Verkaufsargumente ist laut dem Technischen Fachberater, Adalbert Bartenschlager: 'Mit unseren Anlagen tragen wir dem geänderten Freizeitverhalten Rechnung.' Was so viel heißt wie: Brot backen mit Sauerteig und trotzdem frei haben am Sonntag.
Was macht den Unterschied aus zwischen herkömmlicher Methode und Sauerteiganlage? Die klassische Sauerteig-Herstellung nennt sich 'Drei- Stufen-Führung' und dauert etwa 24 Stunden (führen heißt in der Fachsprache backfertig machen). Der Teig wird bei unterschiedlicher Teigtemperatur- und -festigkeit über die Stufen Anfrischsauer und Grundsauer zum Vollsauerteig. Die Methode ist aufwändig und erfordert die regelmäßige Anwesenheit des Bäckers. Will er am Montag frisches Brot verkaufen, muss der Bäcker bereits Sonntagmorgen den Teig ansetzen.
In der Sauerteiganlage überwacht eine Elektronik die Teigherstellung und stellt die jeweils benötigte Temperatur selbstständig ein. Der Bäcker kann Befüllung und die richtige Wasser- und Mehlmenge an einer Anzeige ablesen, eine Waage ermöglicht die genaue Dosierung der Zutaten. Nach acht Stunden Reifezeit ist der Natursauerteig fertig. Die Anlage ist programmierbar und ermöglicht so dem Bäcker die Teigproduktion ohne Anwesenheit. 'Die Maschine soll ein Hilfsmittel für den Bäcker sein, indem wir die klassische Drei-Stufen-Führung in eine Anlage überführen', sagt der Geschäftsführer von Hematronic, Kurt Hörburger.
Drei Jahre dauerte die Entwicklung der Maschine bis sie 1992 in die Produktion ging; seit 1993 hält Kurt Hörburger ein Verfahrenspatent auf die Sauerteiganlage. In den vergangenen zehn Jahren verkaufte Hematronic etwa 460 der Anlagen. Seit Mai ist ein weiterentwickeltes Modell mit neuer Elektronik und einer auf Zehntel Kilogramm genauen Verwiegeeinheit auf dem Markt.
Spielt der Mensch bei Brotherstellung noch eine Rolle, wenn der Sauerteig maschinell gefertigt wird? 'Natürlich', sagt Kurt Hörburger. 'Der Sauerteig aus der Maschine ist zwar von gleicher Qualität wie von Hand, aber er ist schließlich nur ein Faktor. Erfahrung und Können des Bäckers sind bei der Weiterverarbeitung noch immer entscheidend.'