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"Von skurril bis herzzerreißend"

Schulden

"Von skurril bis herzzerreißend"

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    "Von skurril bis herzzerreißend"
    "Von skurril bis herzzerreißend" Foto: roland furthmair

    Wer völlig verzweifelt ist und nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll, kommt zu ihr: Simone Jendrosch leitet die Schuldner- und Insolvenzberatung bei der Caritas. Sie und ihre sechs Kollegen sind für den Raum Memmingen-Unterallgäu zuständig - und haben in den beiden Beratungsstellen in Memmingen und Mindelheim alle Hände voll zu tun. "Im Jahr 2009 haben wir insgesamt 721 Menschen begleitet und beraten. Dieses Jahr werden es sicherlich mehr sein", berichtet Jendrosch.

    Es sei manchmal kaum zu glauben, mit welchen Lebensgeschichten die Hilfesuchenden zu ihr kämen, erzählt Jendrosch in ihrem Büro im Keller des Caritas-Gebäudes im Memminger Marienrain. "Die Fälle reichen von skurril bis herzzerreißend." Allen sei jedoch eines gemein: dass sie bis über beide Ohren in Schulden steckten. Nach einer Trennung etwa oder weil das Eigenheim nicht mehr finanziert werden könne.

    Aus Gründen der Diskretion nennt die Beraterin keine Details. Nur soviel: Der aktuelle "Rekordhalter" müsse mehr als 200 Gläubiger bedienen. Die Gesamtsumme der Verbindlichkeiten der Caritas-Klienten belief sich im Jahr 2009 auf 34,4 Millionen Euro. "Nach unseren Schätzungen sind derzeit allein im Landkreis Unterallgäu rund 8000 Erwachsene entweder ver- oder überschuldet", so Jendrosch.

    Viel zu viele von ihnen "wurschteln sich irgendwie durch" und schämten sich, die Schuldner- und Insolvenzberatung aufzusuchen. "Dabei gilt: Je früher man zu uns kommt, desto mehr Möglichkeiten haben wir, noch rechtzeitig zu helfen", betont die studierte Sozialpädagogin, die seit 20 Jahren bei der Caritas Menschen in schwierigen Lebenssituationen berät.

    Seit Juli haben Jendrosch und ihre Kollegen ein neues Hilfsinstrument zur Verfügung, das ihnen der Gesetzgeber an die Hand gegeben hat: die Einrichtung eines sogenannten Pfändungsschutzkontos (P-Konto) für Schuldner. Auf diesem darf nur bis zu einer Grenze von 985,15 Euro gepfändet werden.

    "Davor war es für Schuldner mit gesperrtem Konto viel schwieriger", erklärt Jendrosch, "denn sie mussten sich die unpfändbaren Beträge erst beim Amtsgericht genehmigen lassen".

    Die verschuldeten Kontoinhaber könnten sich durch entsprechende Nachweise (zum Beispiel Unterhaltszahlungen oder Kindergeldbezug) sogar noch weitere Freibeträge bescheinigen lassen, die ihnen in finanzieller Hinsicht neue Luft zum Atmen verschafften.

    Viele von ihnen seien unverschuldet in Not geraten, zum Beispiel durch den Verlust des Arbeitsplatzes oder wegen einer schweren Krankheit. Aber: Es gebe auch eine große Zahl von Verschuldeten, die nie gelernt hätten, mit Geld umzugehen, macht die Schuldner- und Insolvenzberaterin deutlich. "Die lassen sich alles aufschwatzen, was ihnen von der Werbung vorgegaukelt wird - und wundern sich dann, wenn sie die Raten dafür nicht bezahlen können." Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas

    • Die Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas ist die einzige im Unterallgäu, die staatlich anerkannt ist. In Memmingen gibt es weitere Angebote, zum Beispiel im städtischen Sozialamt.
    • Die Beratungen bei der Caritas sind kostenlos.
    • Bis Anfang Dezember haben die beiden Beratungsstellen in Memmingen und Mindelheim für dieses Jahr bereits 369 Anträge auf Privatinsolvenz registriert. Insgesamt haben die sieben Berater heuer bis zum Stichtag 2. Dezember schon 668 Schuldner aus der Stadt Memmingen und dem Landkreis begleitet.
    • Eine neue Hilfe für verschuldete Menschen ist das Pfändungsschutzkonto (P-Konto). Die Caritas-Beratungsstelle hat damit seit Anfang Juli gute Erfahrungen gemacht.
    • Deren Leiterin Simone Jendrosch sieht aber auch noch gewisse Probleme: So müsse zum Beispiel der Pfändungsschutz für das Weihnachtsgeld nach wie vor beim zuständigen Vollstreckungsgericht extra beantragt werden.

    Kontakt Caritas-Hauptgeschäftsstelle Memmingen, Marienrain 4, 87700 Memmingen Telefon: (08331) 9272868; Fax: (08331) 9243444, E-Mail:s.jendrosch@caritas-unterallgaeu.de

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