"Ich bin ein Teamspieler und nicht der große Zampano", beschreibt Helmut Caprano seine Rolle. Der 64-jährige Grafiker und Leiter der Westallgäuer Kunstausstellung unterrichtet seit Beginn des Schuljahres am Lindenberger Gymnasium 300 Schüler im Fach Kunst.
Caprano hilft dem Schulleiter Hermann Endres aus einer Notlage. Ein angekündigter Kunstlehrer sagte kurzfristig ab. Endres rief in den Sommerferien bei Caprano an und der Lindenberger sagte nach kurzer Überlegung zu. "Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, wäre ich wahrscheinlich an meiner Staffelei geblieben", meint er heute, "denn das kostet Nerven".
19 Stunden Unterricht, von der 5. bis zur 12. Klasse, klingt auf den ersten Blick nach Halbtagsjob. Doch Caprano merkte schnell, dass ihn dieses Angestelltendasein die komplette Woche beschäftigt; für seine Geschäfte als Grafiker hat er kaum noch Zeit. Die Vorbereitung von Schulstunden benötigt mehr Zeit als er glaubte. Das hat er unterschätzt. Und in den letzten Wochen kamen noch die Vorarbeiten für die große Westallgäuer Kunstausstellung dazu. "Ich bin richtig im Stress", schnauft er.
Er nimmt schon mal den Stift in die Hand und hilft beim Zeichnen. Praktischer Unterricht steht im Vordergrund. Caprano ist keiner, der an der Tafel doziert. Früher hat er selbst Grafiklehrlinge ausgebildet. "Doch das war etwas ganz anderes", sagt er. Die Schüler mögen seine Nachsicht. Sie schätzen ihn und respektieren seine Art zu lehren. Von seiner Tätigkeit als Künstler wissen die meisten nichts.
Direktor Endres nennt es "eine Notlösung", weil es nicht genügend Lehramtsanwärter gibt. Seit Jahren muss er sogenannte Fremdlehrer einstellen. Nicht mit allen hat er so viel Glück wie mit Caprano. Die Qualität sei "persönlichkeitsabhängig" formuliert er sehr vorsichtig. Heißt, er hat auch schlechte Erfahrungen gemacht. "In allernächster Zeit" sei mit einer Verbesserung der Lage zu rechnen, habe ihm das Kultusministerium signalisiert.
Zu den Quereinsteigern, die einen Jahresvertrag erhalten, der mehrfach verlängert werden kann, gehören noch eine Kraft in Sport, in Kunst/Mathematik, in Chemie und Religion. Jede Aushilfe bekommt einen "Paten" an die Seite. Caprano wird von Studienrat Klaus Reisacher unterstützt. "Endres hat mich ins kalte Wasser geworfen. Ein Glück, dass ich so gut schwimmen kann,", so Caprano.
Der Direktor ist "froh um diese Notlösungen", denn dadurch sinke die Klassendurchschnitt auf 26 Schüler und es gebe "so gut wie keine Fehlstunden", versichert er.