Kempten (bec). - Mit einem Wohnhaus samt Kaufladen fing 1879 in Kempten alles an. Christian Bofinger erwarb in der Gerbergasse das Gebäude und verkaufte es acht Jahre später wieder an Max Oberpaur - einen Kaufmann, dessen Name noch in mehr als 100 Jahren einen festen Bestand im Kemptener Geschäftsleben haben sollte: In diesen Tagen feiert das Herrenhaus Oberpaur 125-jähriges Jubiläum. Eigentlich ist die Tradition der Familie Oberpaur schon viel älter als 125 Jahre. Bereits 1798 gründete Johann Nepomuk Oberpaur in Landshut sein erstes Geschäft. Neben dem Unternehmen in Kempten folgten außerdem Filialen in unter anderem Ludwigsburg, Freiburg, Stuttgart und sogar in Südamerika: Richard Oberpaur, der Sohn des Kemptener Firmengründers, wanderte dorthin aus und baute in Valparaiso, Buenos Aires und Santiago Textilgeschäfte auf. Über 100 Jahre lang war der Kemptener Herrenausstatter fest in der Hand der Familie. 1993 übernahm dann Heinrich Beckmann das Haus als Geschäftsführer und zum 1. Januar 2002 schließlich wurde Roland Aberle Inhaber von Oberpaur. Er betreibt das Traditionsgeschäft auf rund 500 Quadratmetern Verkaufsfläche mit seiner Frau Monika und zehn Mitarbeitern.
Spaß, Lebensstil und Zeitgeist Was einen erfolgreichen Herrenausstatter vor 125 Jahren auszeichnete, kann der 47-jährige Roland Aberle freilich nicht mehr sagen. Wohl aber, was sich in den vergangenen Jahrzehnten im Bereich Mode verändert hat: 'Früher wurde Kleidung gekauft, weil man eben etwas zum Anziehen brauchte.' Heute dagegen sei Mode Spaß, Lebensstil und entspreche dem Zeitgeist. In den vergangenen drei Jahren, erklärt Aberle, habe er darauf geachtet, dass das Sortiment individueller, hochwertiger und modischer werde: 'Die Klassik, die dieses Haus ausmacht, wird deshalb nicht vernachlässigt.' Das Haus wolle einfach mehr jüngere Männer ansprechen - Männer mit modischem Anspruch in Beruf und Freizeit. Die Probleme im Einzelhandel, so Aberle, seien auch am Herrenhaus Oberpaur nicht vorbeigegangen: 'Die haben wir natürlich auch zu spüren bekommen. Allerdings nicht so heftig wie andere.' Das wiederum führt der Inhaber darauf zurück, dass das Geschäft sich von den großen Konzernen durch Qualität und Service abhebe. 'Unsere Kunden sollen sich in einer angenehmen Atmosphäre mit kompetenter, freundlicher, persönlicher und vor allem ehrlicher Beratung wohl fühlen', sagt Aberle. Dass sie dabei einen Espresso oder ein Gläschen Sekt an der Bar trinken können, sei heutzutage selbstverständlich. Denn auch das sei eine Veränderung gegenüber früheren Zeiten: Der Service stehe viel mehr im Vordergrund. 'Für mich gibt es keinen schöneren Beruf', ist Roland Aberle überzeugt. Er sei abwechslungsreich, man beschäftige sich stets mit neuen Modetrends und man treffe die unterschiedlichsten Menschen. Aberle: 'Wir sind froh, dass wir nach Kempten gekommen sind.' Unter dem Oberpaur-Motto 'Mode - Kunst - Genuss und Lebensfreude' wolle er noch lange weitermachen. i Beim Herrenhaus Oberpaur läuft anlässlich des 125-jährigen Bestehens ein Jubiläumsverkauf. Er geht noch bis 20. November.