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Vom Waisenhort zum Treffpunkt der Nationen

Lindenberg

Vom Waisenhort zum Treffpunkt der Nationen

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    Etwas abseits in Ellgassen liegt das große alte Haus, das vielen Lindenbergern noch als der "Eisenbahner-Waisenhort" bekannt ist. Doch wo sich früher Kinder von Bahnangestellten auf Kur oder in Dauerwohngruppen aufhielten, tummelt sich heute eine völlig andere Klientel. Seit 2004 gehört Lindenberg zu den Kursorten des Humboldt-Instituts und bietet so Jugendlichen aus aller Welt die Möglichkeit, Deutsch zu lernen. Volker von Gossler (50) ist als Internatsleiter mitten drin im Geschehen.

    Welches Publikum kommt zu Ihnen?

    Von Gossler: Wir beherbergen hier Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren aus den verschiedensten Nationen aller Kontinente. Unterschieden wird dabei zwischen Langzeitschülern, die meist ein bis eineinhalb Jahre bleiben, um die Sprache so weit zu lernen, dass sie einmal auf eine deutsche Schule gehen können. Andererseits haben wir aber auch viele Kurzzeitschüler im Haus, die an ihrer Heimatschule bereits Deutsch lernen und ihre Kenntnisse in ein bis sechs Wochen im Internat aufbessern wollen. In den Hauptmonaten Juli und August ist das Haus mit 180 Betten stets voll belegt.

    Für deutsche Schulklassen und Erwachsenengruppen (Orchester, Chöre, Seminargruppen), die es während des Jahres als Schullandheim nutzen, ist in dieser Zeit dann leider kein Platz. Die Sprachschüler haben immer absoluten Vorrang.

    Müssen die Kinder und Jugendlichen bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

    Von Gossler: Nein, wir nehmen Anfänger genauso auf wie Deutsch-Profis. Bei ihrer Aufnahme müssen alle Ankömmlinge natürlich einen Einstufungstest machen, nach dem wir sie je nach Kenntnisstand in die Stufen A1, A2, B1, B2, C1 oder C2 einteilen. Eine weitere Trennung liegt im Alter: die Junioren (Zehn- bis 13-Jährige) haben nur 25 Wochenstunden Deutsch, während für die älteren Jugendlichen (14- bis 17-Jährige) 30 festgelegt sind.

    Wie sieht das tägliche Programm eines Sprachschülers aus?

    Von Gossler: Vormittags haben zunächst alle Schüler Unterricht. Nach dem Mittagessen haben die Älteren oftmals Nachmittagsunterricht, oder es finden gemeinsame Aktivitäten statt. Mittwochnachmittag unternehmen wir beispielsweise immer einen Halbtagesausflug und samstags einen ganztägigen Ausflug zu Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, wie Schloss Neuschwanstein, das Inatura-Museum in Dornbirn, das Sealife in Konstanz oder zu den Museen und Sehenswürdigkeiten in München, Stuttgart und anderen großen Städten. Das kulturelle Programm kommt also nicht zu kurz.

    Nach dem Abendessen findet nach einer Stunde Hausaufgabenzeit erneut gemeinsames Programm wie Sport, Spiele, Disco oder Kreativ-angebote wie Speckstein-Schnitzen, Seidenmalerei, Window Colors, Stoffmalerei und Ähnliches statt. Für Kinder und Jugendliche in Gastfamilien kann die Freizeitgestaltung etwas variieren. Das obliegt ganz dem Ermessen der Familie. Wir sind immer froh, wenn wir Ehepaare - am besten mit Kindern - finden, die bereit sind, gegen ein Honorar ausländische Schüler aufzunehmen.

    Welche Auswirkungen hat die Anwesenheit des Humboldt-Instituts Ihrer Meinung nach auf Lindenberg?

    Von Gossler: Der Wirtschaftsfaktor für Lindenberg ist durchaus nicht unerheblich. Schließlich ist unser Haus das einzige ganzjährige Humboldt-Internat für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Außerdem zeigen die Jungen und Mädchen eine deutlich hohe Kaufkraft, da sie meist aus eher betuchten Familien stammen. Auch die Übernachtungszahlen sind angestiegen. Ich denke, die meisten Lindenberger haben sich inzwischen schon daran gewöhnt, dass es Zeiten gibt, in denen man in der Stadt viele ausländische Jugendliche sieht.

    Welche Aufgaben haben Sie als Internatsleiter in Lindenberg?

    Volker von Gossler: Zunächst bin ich einfach für die Hauptorganisation zuständig. Das heißt, ich kümmere mich um An- und Abreise, Zimmerbelegung und die Kommunikation mit dem Personal, den Jugendlichen und ihren Eltern. Alle Bereiche, die die schulische Förderung betreffen, übernimmt Schulleiterin Andrea Böhm. Dinge wie Anmeldungen, Werbung und die komplette finanzielle Abwicklung werden von der Zentrale des Humboldt-Instituts in Schloss Ratzenried in Argenbühl erledigt.

    Vorschau: Die Heimatzeitung wird in loser Folge Schüler vorstellen, die das Humboldt-Institut Lindenberg besuchen.

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