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Vom Rutschfahrzeug zum Rennvehikel

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Vom Rutschfahrzeug zum Rennvehikel

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    Irsee (fro). - Der Geschwindigkeitsrekord mit einem Bobbycar steht auf 108,2 Stundenkilometer. So schnell war der 48-jährige Leo Thoma aus Irsee nicht, als er mit 38,5 Sachen zum Sieg beim Irseer Seifenkistenrennen fuhr. Doch beim Auerbergrennen in Höfen schafften er und seine Freundin Andrea Esdohr (47) aus Kaufbeuren immerhin 50 Stundenkilometer. Seit den 90er Jahren sitzen immer mehr Erwachsene auf dem eigentlich für Kinder gedachten Vehikel und rasen damit Hügel oder Abhänge hinunter. 'Bobbycarfahren ist eigentlich jenseits von Gut und Böse', sagt Esdohr.'Das Bobbycar wurde entwickelt, um das Laufenlernen von kleinen Kindern zu erleichtern. Dazu befindet sich in der Mitte eine Art Sitzschale, in die sich das Kind wie auf einem Motorrad setzt und durch Paddelbewegungen das Fahrzeug fortbewegen kann', heißt es in der Definition für Bobbycars. Mittlerweile sind jedoch immer mehr Erwachsene von dem 'Rutschfahrzeug' fasziniert: Vor etwas über einem Jahr lasen Esdohr und Thoma, dass in Kaufbeuren ein Bobbycar-Rennen zu Gunsten des Kinderschutzbundes stattfinden soll. Da wollten sie teilnehmen, doch zunächst lieh ihnen niemand ein Bobbycar, denn alle Bekannten waren skeptisch. 'Wir sind ja vorher auch noch nie ein Bobbycar gefahren', erzählt Thoma. Doch dann erbarmte sich eine Bekannter und der Teilnahme stand nichts mehr im Wege. 'Eine Mordsgaudi. Das war ein tolles Gefühl', so der selbständige Maschinenbauer begeistert. Auch Esdohr holte sich ihre ersten Bobbycar-Meriten auf der Strecke am Leinauer Hang. 'Ich war ganz schön aufgeregt.

    Aber es hat einfach Spaß gemacht, weil es so unkonventionell ist', erzählt sie. Bobbycars gibt es in der klassischen Ausführung seit 1972 im schicken Ferrari-Rot, 60 Zentimeter lang und 40 Zentimeter hoch. Normalerweise benutzen Kinder das etwa 30 Euro teure 'Lauflernfahrzeug'. Doch in Deutschland hat sich eine richtige Rennszene mit Vereinen, Ranglisten und Meisterschaften mit Reglements gebildet, die mit originalen und modifizierten Bobbycars fahren. Je nach Rennen sind nämlich unterschiedliche Vehikel zugelassen: Puristen bestehen auf originale Versionen, doch immer mehr Fahrer basteln an den Fahrzeugen: 'Bobbycars sind eigentlich nicht für Erwachsene und diese Geschwindigkeiten gedacht', erklärt Thoma. Die Lenkung schlägt schnell aus, die Räder und Achsen halten der Reibungshitze nicht stand und brechen, so Esdohr. Deshalb hat Thoma das komplette Fahrwerk überarbeitet, die Lenkung spielfrei gemacht, die Räder einzeln aufgehängt und gute Lager eingebaut. Zwei Wochen brauchte er für die Arbeit an zwei Bobbycars. Der Fuhrpark von Thoma und Esdohr besteht mittlerweile aus zwei originalen, zwei seriennahen und zwei modifizierten Bobbycars: So können sie an Rennen mit unterschiedlichen Regeln teilnehmen. Viel mehr als ein Bobbycar brauchen die Fahrer auch nicht, denn jedes abseits gelegene Gefälle kann als Rennstrecke dienen. Schutzbekleidung sollte allerdings sein. Da nehmen die passionierten Motorradfahrer Thoma und Esdohr einfach ihre Motorradbekleidung. 'Eine Motorradjacke habe ich schon durchgescheuert', erzählt Thoma. Das Fahren selbst ist relativ einfach: Möglichst lang gestreckt auf dem Bobbycar liegen, damit die Hinterachse belastet wird. Der Haken liegt beim Bremsen mit den Füßen: 'Richtet man sich dafür zu früh auf, verliert man an Tempo und möglicherweise das Rennen. Richtet man sich zu spät auf, ist man zu schnell und verliert die Kontrolle', erklärt Esdohr. Für sie und Thoma ist klar, dass sie weiterhin Bobbycar fahren: 'Man freut sich auf die spannenden Wettkämpfe', meint Thoma. 'Und jeder, der etwas Mut hat und aus dem Rahmen fallen will, kann mitmachen', ergänzt Esdohr.

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